Nicht nur der Focus, auch der STERN liess gestern bezüglich der Berichterstattung über einen Amoklauf Pietät vermissen. Ich habe dies so getwittert.
Was war passiert? Das Gerücht über einen Amoklauf machte die Runde. Für den STERN gingen die Alarmglocken (im 1.Link) an, die Internetnutzer schon jetzt auf die eigenen Seiten zu locken, auch wenn genauere Informationen noch nicht da waren:
Nachdem mehr Informationen zur Verfügung standen, wurde der entsprechende Link (im 2.Link) nochmal getwittert und mit dem Hinweis verziert, es gäbe auch eine “Twitter-Übersicht”. Dies ist etwas verwunderlich, da derselbe Autor ein wenig später behauptet, in Twitter gäbe es zum Amoklauf gar keine sinnvollen Tweets.
Im von mir angegebene 3. Link wird sich über die Pietätlosigkeit der Twitternutzer ausgelassen:
Das liest sich so noch ganz nett. Im Artikel aber liest man:
Dank Twitter finden Amokläufe und Katastrophen auf den Monitoren statt.
Wenn der Pöbel gleichzeitig zum Nachrichtenempfänger und Versender wird, bleibt häufig viel auf der Strecke.
Während ausgebildete Journalisten eigentlich wissen, wie mit Namen, Adressen und Bildern umgegangen werden darf, erfährt man bei Twitter schnell, wie der mutmaßliche Täter heißt.
So funktioniert das Web. Aus einer Meldung wird eine Lawine, die den Wahrheitsgehalt oft unter sich begräbt. Das Jeder-kann-mitmachen-Internet zeigt seine Fratze.
Hier denkt ein Journalist am Tage eines tödlich verlaufenen Amoklaufs zu einem Zeitpunkt, an dem die großen Fernsehanstalten ihre Sondersendungen vorbereiten, es sei passend, anhand der Tweets über den Amoklauf mit Twitter abzurechnen.
Ich verteidige hier wirklich nicht die Tweets irgendwelcher Twitter-Nutzer. Ich habe Twitter nicht verwendet, um mir ein Bild über die Geschehnisse zu machen. Ich habe pietätlose Dinge heute nicht gelesen. Manchmal ist Twitter so schnellebig, dass Tweets an einem vorbeirauschen. Der Artikel des STERNS rauscht nicht. Er rauscht nicht und er erreicht sicherlich deutlich mehr Leser als die einzelnen Tweets, über die sich der Autor so exaltiert, die er aber nicht verlinkt, und denen er eine besorgniserregende Verbreitung unterstellt.
Mich interessieren hier auch nicht die Verärgerungen von Printjournalisten über Blogs und die vermeintlich neue Wunderwaffe Twitter. Es wird nur an dieser Stelle deutlich, dass wohlmöglich nicht Blogs der größte Feind von Printjournalisten sind, sondern die eigene hektische Unbedachtheit, in der sie sich äußern.