Heute wird es sich zeigen, ob die Maulwürfe in der NRW-CDU ihr Ziel erreicht haben, ihrer parteiinternen Führung einen Denkzettel zu verpassen. In Umfragen ist die CDU konstant gefallen, von anfangs 41% auf 37%. Zusammen mit einer konturlosen NRW-FDP wird das den Umfragen zufolge nicht reichen für eine Weiterführung der Koalition. Aber lassen wir uns überraschen.
Mit dem heutigen Tag geht aber vorerst der Kombi-Wahlkampf von Bundes- und Landtagswahl zuende, der einen frischen Wind mit sich gebracht hat: Über das Internet wurden massiv Informationen gehandelt, von denen die Parteien allenthalben überrascht wurden.
Das Wir in NRW Blog hat es geschaft, Politiker aus der zweiten Reihe der CDU ins Rampenlicht zu zerren und Eitelkeiten und Schmu zu thematisieren, so wie in der Tat es Tageszeitungen nicht vermocht haben. Hendrik Wüst durfte deswegen seinen Hut als Generalsekretär nehmen, andere wie Landtagspräsidentin van Dinther oder Boris Berger haben fulminant an Ansehen verloren.
In welcher Rolle auch immer die NRW-CDU aus dieser Wahl heraustritt, sie wird intern umkrempeln müssen. Sie wird sich kaum ein zweites Mal erlauben können, derart vorgeführt zu werden wie in diesem Wahlkampf.
Das Wir in NRW Blog resümiert den Landtagswahlkampf, aber auch möglicherweise die eigene Bedeutung abschließend, dass sich bei ihnen 730.000 Leser informiert hätten. Das klingt zunächst imposant, sollte aber runtergerechnet werden: Die Zahl bezieht sich auf 5 Monate, was täglich 4866 IP-Adressen sind, die die Seite angesteuert haben. IP-Adressen sind keine Leser, nicht mal unbedingt Menschen, sprich: Das können auch Computer sein, wie Suchmaschinen. Und da Computer meist täglich neue IP-Adressen bekommen, ist die Hochrechnung dieser Zahl zu 730.000 Lesern gänzlich in Zweifel zu ziehen. Und dann sollte man vielleicht auch noch die Leser herausnehmen, die nur aus beruflichem oder parteistrategischem Interesse die Seite aufrufen. So imposant ist eine solche Zahl dann nicht mehr.
Aber Zeitungen haben dies aufgegriffen und so entstand eine netzwerkartige Verbindung von Blogs und traditionellen Medien, die durchaus viele Wähler erreicht hat. Dieses Netzwerk lässt sich nur nicht anschaulich in Zahlen ausdrücken, allein dadurch schon, dass die traditionellen Medien oft immer noch die eigentlichen Quellen ihrer Nachrichten verheimlichen.
Wenn die NRW-CDU meint, dieses Blog sei eine reine SPD-Kampagne und es gäbe nur einen Maulwurf, offenbart sie nur, dass sie noch weniger vom Internet versteht, als man gedacht hat. Für alle Parteien gilt, dass sie im Internet so recht keinen Draht zum Großteil der Nutzer finden. Oder kennen Sie jemanden, der je vom Restaurant Kraftvoll gehört hat?
In gewisser Hinsicht hat man bei der NRW-CDU recht, wenn man meint, das Internet sei nicht wahlentscheidend: Keine Partei hat es vermocht, über das Internet Wähler zu bewegen. Aber das ist den Parteien anzulasten, nicht dem Internet. Denn dort werden aktuelle politische Informationen inzwischen durchaus wie warme Semmeln gehandelt. So gelangte der Deutsche Hebammenverband in der vergangenen Woche mit seiner E‑Petition innerhalb von nicht einmal 3 Tagen an 50.000 Unterstützer. Sowas wäre früher in dieser kurzen Zeit und überhaupt undenkbar gewesen.