Als im letzten Jahr ein paar Leute mit Blogs, die die CDU bisher nicht sonderlich wahrgenommen hatte, den Aufstand probten gegen die Internetzensur, da meinte Ursula von der Leyen noch, dass das ja nur 134.000 Einzelmeinungen gewesen seien, die da gegen ihr Vorhaben votiert hatten. Die Mehrheit der Deutschen sei schließlich nicht auf die Straße gegangen.
Ganz so lässig sah man das anderswo in der CDU offensichtlich nicht, da ist die Rede davon, man habe viel Lehrgeld bezahlen müssen. Stimmt schon irgendwie: Wenn derartige Aktionen, die sich gegen Vorhaben der CDU wenden, zum Trend werden, verliert man sicherlich Wähler. Aber lustigerweise klingt die Äußerung so, als sei das mit dem Lehrgeldzahlen vorbei.
Aber immerhin hat sich dieser kritische Trend derzeit ein wenig auf FDP verschoben. Und dort weiss man sich ebenso wenig zu orientieren und zu wehren, wie die CDU zeitens der für sie fast überflüssigen Zensursula-Debatte.

Die FDP weist bei der Kritik an der Lobby-Spendengala darauf hin, dass an jenem Abend keine Spende über die anzeigenverpflichtende Summe von 50.000€ gegangen ist. Man muss eben nur wissen, wie man dem Gesetz ein Schnippchen schlägt.
Wer zuvor auf seiner Internetseite damit prahlt, dass es sich bei den damaligen Spenden um ein Rekordergebnis gehandelt hat, dem könnte es ja auch in den Sinn gekommen sein, darauf zu achten, dass keine Einzelspende zu hoch ist, solange die Gesamtspende dieser Lobby die Partei freudetaumeln lässt.
Freudetrunkend verfasst man bei der FDP dann auch solche goldigen Sätze:
Ganz im Stile des Barack-Obama-Wahlkampfes wurden die Spender vom FDP-Bundesgeschäftsführer Hans-Jürgen Beerfeltz mit einer Logen-Einladung bei der „Schlagernacht des Jahres“ in der O2-World belohnt.
Das stimmt natürlich: Zum Stile des Obama-Wahlkampfes gehörte es sicherlich nicht, die Wähler von den Idealen der sozialdemokratischen Partei und von einem Politikwechsel zu überzeugen — die wollten überteuerte Logenkarten für abgehalfterte Partyevents unters Volk bringen!
An der Rettung der liberalen Reputation versuchen sich derzeit nur unbeholfen wirkende Neueinsteiger in der Bundespolitik und Journalisten, denen eine kritische Selbstreflexion nie in den Sinn kommen würde:
Der bekennende FDP-Fan Ulf Poschardt hat in der Welt einen komplett parteinehmenden Kommentar veröffentlicht, der die Kritiker der FDP als naive Demokratie-Phantasten darstellt. Man müsse der Wirtschaft so helfen, wie es die FDP tue, dann wäre schliesslich allen geholfen.
Großartig unnaiv, nicht wahr? Dass gerade die klein- und mittelständischen Hoteliers sagen, die Mehrwertsteuerentlastung käme nur den großen Ketten zugute, weil für die Kleinen der höhere Bürokratieaufwand die verminderte Mehrwertsteuer egalisierte, übergeht Poschardt dabei völlig, wie auch jede andere inhaltliche Analyse.
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Süddeutsche Zeitung: Die Rabatt-Könige der FDP
Michael Spreng: FDP — Die Sternschnuppen-Partei