Ist der alte Geisterfahrer-Witz noch bekannt? Durchs Autoradio kommt die Meldung, dass einem auf der Autobahn, auf die der Fahrer sich befindet, ein Geisterfahrer befindet. Woraufhin der Autofahrer meint: “Einer? Hunderte!”
Ebenso hat sich Springer-Chef Döpfner im Manager-Magazin seine Meinung zurecht gezimmert. Ein Jahrzehnt lang haben Verlage die dumme Idee beherzigt, Inhalte gratis online anzubieten. Damit müsse nun Schluss sein, derartige Ideen seien die von Web-Kommunisten.

Na, also, wenn man bei Springer noch nicht mal mehr das Beleidigen anderer vernünftig hinbekommt, ist da wohl tatsächlich langsam Krisenstimmung. Das hat schon mal wesentlich besser funktioniert.
Aber noch mal kurz Herr Döpfner im Wortlaut:
Es kann nicht sein, dass die dummen Old-Economy-Guys für viel Geld wertvolle Inhalte erstellen und die smarten New-Technology-Guys sie einfach stehlen und bei ihren Werbekunden vermarkten.
Voll gemein, du. Dass die Old-Economy-Guys den High-Quality-Content ihrer Internet-Pages in Parts auf den Pages der New-Technology-Guys gemoved wiederfinden, das ist so completely fucked up, dass lässt sich not even more in deutscher Sprache auspushen.
Abgesehen davon passiert das ja gar nicht. Google vermarktet keine Artikel anderer bei seinen Kunden. Döpfners Kritik an den Verlagen, dass es für das Internet noch immer kein tragfähiges Wirtschaftskonzept gibt, dass Journalisten besser gefördert werden müssten, ist so falsch nicht. Aber eine Beherzigung dieser Kritik gerade im eigenen Hause ist den Springer-Leuten doch einfach nur zu wünschen.
Den schwarzen Peter anderen Verlagen und den Web-Kommunisten, wer immer sich dadurch angesprochen fühlen soll, zu sehen ist aber nur Ausweis der eigenen verzweifelten Lage. Man glaubt wohl auch beim Axel-Springer-Verlag nicht, dass die paar kostenpflichtigen Artikel, die bei Berliner Morgenpost und Hamborger Abendblatt nun kaufbereit da stehen, grundlegende Veränderungen hervorbringen werden.
Diesen Punkt kann Döpfner nicht machen. Es gibt genügend kostenlose Inhalte, die im Internet frei verfügbar ist. Das Schöne am Internet ist, wenn es da Lücken gibt, kann jeder Benutzer selbst in diese Lücke springen.
Andererseits haben Buchverleger immer auf ihr Kulturgut vertraut und sind von Werbung und anderweitigem kostenlosen Lesevergnügen weit weniger abhängig, auch wenn ihnen Krisenzeiten nicht unbekannt sind. Leute kaufen eben immer noch Bücher wegen der Qualitätserwartung, die sie mit ihnen verbinden und die sie offensichtlich oft genugt bestätigt bekommen.
Sofern das für Zeitungsverlage nicht gilt, muss man sich wohl einfach nach zusätzlichen Einahmequellen umsehen:
