Eine gewisse Konfusion innerhalb der FDP muss man derzeit wohl feststellen in der FDP. Die Hotellobby-Debatte ist noch nicht verraucht, da erhitzt Guido Westerwelle die Gemüter mit dem Ausspruch, Hartz 4 lade zu “spätrömischer Dekadenz” ein.
Bei den damit zugleich aufkommenden Unklarheiten, was Westerwelle eigentlich sagen will, ist schon fraglich, inwieweit er der FDP auf diese Weise hilft. Politiker, Presse und bei Meinungsforscher können damit jedenfalls nicht viel anfangen. So wird Heiner Geißler wie folgt zitiert:
“Die spätrömische Dekadenz bestand darin, dass die Reichen nach ihren Fressgelagen sich in Eselsmilch gebadet haben und der Kaiser Caligula einen Esel zum Konsul ernannt hat.”
Insofern stimme Westerwelles Vergleich, sagte Geißler weiter: Vor 100 Tagen sei “ein Esel Bundesaußenminister geworden”.
Die Zeit zweifelt die Stichhaltigkeit der Argumente Westerwelles an:
“Wenn das so weitergeht, wird durch diese Umverteilungspolitik der ganz normale Steuerzahler zum Sozialfall”, klagte Guido Westerwelle am Montag in der Bild-Zeitung mit Blick auf den hohen Anteil der Sozialausgaben am Bundeshaushalt. Würde Westerwelles Aussagen stimmen, müsste das bedeuten, dass die Menschen immer mehr Steuern zahlen, um einen ausufernden Sozialstaat zu finanzieren.
Allerdings sind sowohl der Spitzen- als auch der Eingangssteuersatz in den letzten Jahren nicht gestiegen, sondern gesunken. Während die oberen Einkommensklassen 1998, zum Ende der schwarz-gelben Regierung unter Helmut Kohl, noch bis zu 53 Prozent Einkommensteuer bezahlten, sank ihre Belastung bis heute auf 42 Prozent. Der Eingangssteuersatz wurde im gleichen Zeitraum von 25,9 auf 15 Prozent reduziert. Davon profitierten auch die mittleren Einkommen. Ein lediger Arbeitnehmer mit einem durchschnittlichen Arbeitseinkommen zahlte 2008 rund 300 Euro weniger Steuern als 1998.
Friedrich Küppersbusch sieht in Westerwelle gar in einer scheinheiligen Position:
Guido Westerwelle war seit 1983 Juli-Chef, seit 88 im FDP-Bundesvorstand und schloss sein Jurastudium erst 1991 ab: Parteiamtssalär, Diäten, Ministergehalt: Der Mann hat nie ernsthaft von etwas anderem als Staatsknete gelebt. Dass nun ausgerechnet er wirklich Bedürftige als überfressene Orgiasten schmäht — im vorrevolutionären Frankreich wäre das als der mannhafte Wunsch verstanden worden, sich immerhin die eigene Laterne auszusuchen.