Wie ich damals den Supermarkt erfand

Als ich noch klein war, da lebten wir in einem armen Fis­cher­dorf in West­falen. Wir lebten weit fort von der Küste, so dass der Fis­chfang sich schwierig gestal­tete, denn der Bus fuhr nur zweimal am Tag raus und so früh wollte auch nie­mand aufstehen. 

Da wir aber eh alle nicht so die großen Fis­chess­er waren, da traf es sich ganz gut, dass zwei Brüder auf die Idee kamen, Essen wie Fisch und Fleisch vor Ort zu verkaufen. Es waren die Brüder Alda und Aldo, deren Geschäfte genau beieinan­der lagen. Allerd­ings waren die Eingänge der Geschäfte ganz gegen­sät­zlich gele­gen und die Straßen lagen so umständlich zu einan­der, dass man wieder den Bus nehmen musste, wenn man Sachen aus bei­den Geschäften brauchte. Und das war ziem­lich oft der Fall. Denn um sich geschäftlich nicht in die Quere zu kom­men, waren die Warenbestände bei­der Geschäfte ganz unter­schiedlich. Dosen gab es nur bei Alda und Dosenöffn­er nur bei Aldo. Milch gab es nur bei Aldo, Milch­speisen nur bei Alda. Mäuse nur bei Alda, Knete nur bei Aldo. Und so weiter.

Eines Tages musste ich für den Geburt­stag mein­er Tante einen Kuchen back­en. Es sollte der beste Geburt­stagskuchen wer­den, den das Fis­cher­dorf je gese­hen hat­te. Und so ging ich zu Aldo und sam­melte alles in meinen Korb, was ich brauchte: Zuck­er, Salz, Eier, Schmalz, Milch, Mehl und Grorsch. Dann brauchte ich nur noch den Safran und so spatzierte ich fro­hen Mutes zum Exo­tis­che-Zutat­en-Regal. Aber ach, das Exo­tis­che-Zutat­en-Regal endete genau beim Buch­staben R, direkt an der Gebäude­wand. Da ich aber keine Rüs­selsheimer Rüben­grein in meinen Kuchen schüt­ten wollte, war ich etwas verwundert.
“Ja”, sagte da Herr Aldo, “bei den Zutat­en ist das so, dass ich nur die Exo­tis­chen Zutat­en von Bodengewäch­sen bis R führe und mein Brud­er Alda die bis Z, die auss­chließlich vom Baumgewäch­sen stam­men.” “Ja, ja”, rief da sein Brud­er Aldo durch die Wand, “kom­men Sie ruhig herüber, wir haben ja noch drei Stun­den geöffnet. Und so viel Safran, wir müssen ihn verkaufen, haha!”. Ich schaute seinen Brud­er hil­fe­suchend an. “Ja, tut mir ja auch leid”, aber sagte da Herr Aldo, “die Schlagfer­tigkeit und der Witz sind lei­der auch nur drüben zu haben.” 

Ich machte eine abwink­ende Resig­nier­be­we­gung in die Luft und wollte schon abge­hen, da hörte ich ein Poltern wie von umfal­l­en­den Steinen. Ich musste wohl bei mein­er Winkbe­we­gung an die Wand gekom­men sein und diese hielt noch keinem Druck stand. Sie war näm­lich von einem Mau­r­er hochge­zo­gen wor­den, dessen Brud­er mit seinem Unternehmen beim Mauern­hochziehen immer für Putz und Speis zuständig war und der war noch nicht da gewesen.
Und so schaut­en wir ver­dutzt Her­rn Aldo vor seinem Safran an. “Das ist ja eine Superidee, ihre Idee mit dem Durch­bruch”, sagte da Herr Aldo. “Da kön­nen unsere Kun­den viel schneller all ihre Waren kaufen, wenn sie schon ein­mal hier sind.” Und so wurde aus zwei Geschäften ein super Markt.

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