Glaubwürdigkeit ist der zentrale Begriff, über den der amtierende Bundespräsident gerade stolpern kann. Dabei ist es gar nicht wichtig, ob er konkret einen Fehler gemacht hat, sondern es geht darum, ob man ihm glaubt, was er getan hat. Das ist etwas zwieschneidig.
Positiv ausgedrückt, geht es darum, ob der Präsident lügt. Als Tüpfelchen über diesem i spekuliert die Presse darüber, ob er die Pressefreiheit missachtet hätte. Auch hier geht es darum, dass man darauf pocht, jemand sollte in jeder Situation eine völlig offene Aufrichtigkeit an den Tag legen.
Mir ist es als Schüler mal passiert, dass ein Lehrer fragt, ob ich meine Hausaufgaben hätte. Ich sagte, ich wüsste es nicht und wolle erst mal die betreffenden im Übungsheft auszufüllenden Aufgaben ansehen. Ich hatte sie nicht erledigt und bekam einen Extratadel für einen Täuschungsversuch. Man sollte als Schüler wohl für einen angeblich erweckten Eindruck ohne realen Hintergrund haften.
Und so wird auch Bundespräsident Wulff gerade auf die Schippe genommen: Jede unklare Formulierung wird als Tadel der Glaubwürdigkeit genommen. Wulffs Aufklärungsarbeit ist tatsächlich so, dass man eine schnellere und genauere Darlegung der Angelegenheiten wünschenswert gewesen ist.
Aber stellt man an das Amt der höchsten Repräsentation des Staates wirklich den Anspruch, dass jede Frage ohne Abwägung der Folgen der Antwort jederzeit ohne Umschweife beantwortet werden soll? Finden wir es unangemessen, wenn die Person, die dieses Amt versucht auszufüllen, zögerlich ist, wenn die Blödzeitung eine Kampagne startet, für dass sich andere renomierte Zeitungen bereitwillig instrumentalisieren lassen? Oder um es mit Hape Kerkeling zu fragen: Darf ein Präsident auch mal sauer sein?
Unabhängig davon, was in der Kreditaffäre letzten Endes rauskommt, ist die Methode der Presse, unausgegorene Spekulationen als Grundlage für Spekulationen über Glaubwürdigkeit, die man durch fragwürdige Umfragen einholt, zu verwenden, das eigentliche Skandalon dieser Tage. Es kommt ihnen doch eh nur darauf an, wie lange ein derartiges Thema in der Presse ist.
Selbst gestandene Zeitungen unterscheiden kaum noch zwischen Gerüchten in dieser Angelegenheit, völlig harmloser Begleitmusik, handfesten Vorwürfen und klärbaren Fragen. Die Rolle der Medien wird dabei geradezu ausgeklammert, als ob sie tatsächlich, wie oftmals gefordert, keine Rolle spielte. Es wird immer weitergestochert bis das Stochern die eigentliche Meldung ist. Die Glaubwürdigkeit des Bundespräsidenten hängt von der dieses Amt inne habenden Person ab, nicht vom Amt selbst.
Die Glaubwürdigkeit der Medien hängt davon ab, inwiefern sie in der Lage sind, ein Thema fachkundig zu analysieren. Eine Zeitung, die diese Glaubwürdigkeit nicht mehr besitzt, wird auch nicht mehr gekauft. Wieso auch.