Erst hat er ein Interview-Buch mit Helmut Schmidt veröffentlicht, nun kommt eins mit Ex-Bundesverteidigungsminister Guttenberg: Giovanni di Lorenzo etabliert sich als erste Adresse für Politikergespräche auf Homestory-Niveau. Man weiß gar nicht, ob man das gut oder schlecht finden sollte.
In der aktuellen Ausgabe der ZEIT findet sich ein durchaus imposantes mehrseitiges Interview di Lorenzos mit Guttenberg [Zusammenfassung]. Es soll den Ex-Minister rehabilitieren, so lange noch etwas von seinem einstigen medialen Schein auf ihn fallen kann. Das kann man zumindest dem Interviewten ankreiden. Beim Interviewer sieht das allerdings anders aus: Schon bei seinen Anmerkungen zu den Schmidt-Interviews hob er immer wieder heraus, was für ein Stil der ganzen Laberei innewohnte: Wie Helmut Schmidt durchs Haus kommt, wie er raucht, wie er Pausen macht. Di Lorenzos Aufgabe bei diesen Interviews ist nur eine: Die Rede unterstützendes Rezipieren. Es ist kein Streitgespräch, kein Diskurs auf gleicher Höhe, sondern immer nur ein Versuch auf die vermeintliche Höhe zu springen. Es ist das Coffee & Cigarettes des Feuilleton, ein Altherrengespräch, dessen einzige Ambition das Reflektiertwerden ist. Irgendwie verwunderlich, dass sich noch niemand bei der BUNTE beschwert hat, dass ihr Konzept so plump abgekupfert wird.
Dasselbe Strickmuster wendet di Lorenzo bei Guttenberg an: Den Plagiator reden lassen, ein paar Einwände, aber nicht zu viele, es soll ja kein Streitgespräch werden. Di Lorenzo entwickelt keine eigene Position, spielt zumindest nicht den intellektuellen Gesprächsgegenpart, und da stellt sich eigentlich schon die Frage: Was soll das Ganze? Kann die Lorenzo nicht anders? Hat er nur sein Blatt im Auge, das nun erste Adresse für Politikerhomestories von rechts wie links ist? Das wäre ohne Frage schon ein gewisses Pfund für die ZEIT.
Aber wenn man nun einmal das Interview mit Guttenberg kritisch beäugt, kann man eben auch feststellen: Guttenberg alleine kann das Gespräch nicht sonderlich interessant gestalten: Plumpe Behauptungen, aber auch keine ernsthaft bemerkenswerten Provokationen. Keine rheotrische Finesse, nur ein Kontern-ins-Off auf Zwischenbemerkungen von di Lorenzo. Keine Größe, keine politische Stellungnahme, die erhellend ist. Langweilig ist das Gerede.
Das Interview zeigt: Guttenberg strahlt nicht. Zumindest nicht ohne die Scheinwerfer der Medien. Und vielleicht sollte man di Lorenzo für diese Darstellung schon wieder dankbar sein.
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Eine Interviewanfrage des Deutschlandradios über die Rolle der ZEIT beim Relaunch Guttenbergs lehnte di Lorenzo nach Angaben des Deutschlandradios ab. || Ulrich Horn sieht die Sache ähnlich.