Naja, so gerne ich über den Papst herziehe, hier ist Herr Schmidt-Salomon schlicht auf dem Holzweg, weil er weder in der philosophischen Naturrechtslehre, in der Menschenrechtslehre, noch in den Schriften des Papstes belesen zu sein scheint:
Als „krasse Geschichtsverfälschung“ wertete Schmidt-Salomon, dass der Papst vor dem Parlament behauptete, „dass die Idee der Menschenrechte und die Idee der Gleichstellung aller Menschen von der Überzeugung eines Schöpfergottes her entwickelt worden sei. Denn diese Rechte mussten von säkularen Kräften gegen den erbitterten Widerstand der kirchlichen Schöpfungsgläubigen erstritten werden. Über viele Jahrzehnte haben Päpste, Kardinäle, Bischöfe die Menschenrechte als gotteslästerliche Selbstanmaßung verdammt.
[ Korrekter Weise heißt es beim Papst: “Idee der Gleichheit aller Menschen vor dem Recht”, sprich: vor dem Gesetz. Überhaupt schon ein dickes Ding, wenn jemand, der sich Philosoph nennt, “vor dem Recht” auslässt und mittels dieser Auslassung einen gänzlich anderen Gedanken verfolgt. ]
Nein, das stimmt so nicht, die Menschenrechte haben historisch ihren Ursprung im christlichen Bereich. Nachzulesen in Scott Gordon Swansons The medieval foundations of John Locke’s theory of natural rights: rights of subsistence and the principle of extreme necessity.
Seriöse Journalisten sollten, so Schmidt-Salomon, auch wissen, warum Benedikt XVI. ausgerechnet das „Naturrecht“ zum zentralen Thema seiner Bundestagsrede machte: „Das Insistieren auf eine naturrechtliche Begründung von Rechtsnormen hat selbstverständlich nichts mit den Überzeugungen eines ‚grünen Papstes‘ zu tun, wie schlecht informierte Medienleute in die Welt hinausposaunten. Tatsächlich geht es hier um die vermeintliche ‚Natürlichkeit‘ beziehungsweise ‚Widernatürlichkeit‘ menschlicher Verhaltensweisen.
Das ist auch eine falsche Fährte: Der Papst folgt im Naturrecht weitestgehend Kant (und gerade nicht den alten Sittlichkeitsparagraphen, wie Schmidt-Salomon unterstellt), daher auch die Nähe Ratzingers zur Philosophie und zum Vernunftbegriff. Dass er zudem meint, Schwulsein wäre gegen die Natur ist eine andere Geschichte und hat mit der philosophischen Herleitung von Moral, um die es bei der Rede vom Naturrecht geht, nichts zu tun. Ratzinger und Kant unterscheidet die Frage, warum Moral verbindlich ist. Das sei, so Ratzinger, dem Menschen ins Herz geschrieben. Das ist mit Kant nicht zu machen.
Aktualisierung
Man könnte übrigens anhand der Titulierung “Philosoph” meinen, dass Schmidt-Salomon wissenschaftlich ausgebildeter Philosoph sei. Ist er aber nicht. Er ist Pädagoge. Das erklärt einiges.