Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Jan Fleischhauer für den SPIEGEL das ist, was Franz-Josef Wagner für die Blödzeitung, dann dieser Artikel über die Kritik an Guttenbergs Doktorarbeitsplagiat als Geschichte des Aufstands der Bürgerlichen gegen den konservativen Adel:
der Bundesminister der Verteidigung, Karl-Theodor zu Guttenberg, hat sich bei der Abfassung seiner Doktorarbeit zu freigebig aus den Arbeiten anderer Leute bedient. Eine unverzeihliche Schlamperei bei den Fußnoten — und schon droht den “Fundamentalwerten einer bürgerlichen Gesellschaft” irreparabler Schaden, wie die Opposition nun barmt.
Nee, Herr Fleischhauer, das haben Sie einfach nicht verstanden: Copy-Karl hat sich nicht freigiebig bedient, er hat vorsätzlich abgekupfert, fremde Gedanken als eigene ausgegeben und das nicht duch vergessene Fußnoten, sondern durch simples Kopieren, das niemals fußgenotet werden sollte. Der Schaden widerum, der von 30.000 Doktoranden angeprangert wird, entsteht nicht durch Guttenbergs Plagiat, sondern durch die Tolerierung eines derartigen Hochstaplers seitens der Bundesregierung. Das ist etwas anderes.
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass Guttenberg gerade kein Bürgerlicher ist, wie schon ein Blick auf die Liste seiner Vornamen zeigt, vom Freiherren ganz zu schweigen. Wenn überhaupt, dann lässt der fahrlässige Umgang mit den Usancen des Wissenschaftsbetriebs ein Standesbewusstsein erkennen, wie es dem Adel seit jeher eigen ist.
Soll das nun eine rassenartigen Unterschied zwischen Bürgerlichen und Adeligen darstellen, der verzeihbar ist? Ein doppelter Blödsinn, bei dem man gar nicht mehr genau weiß, wann man mit der diesem Gedanken entsprechenden Fazialpalmierung aufhören sollte. Außerdem: Der Doktorgrad ist keine Usance, sprich kein Handelsgegenstand einer sozialen Gruppe, sondern eine Würde. Das hat Fleischhauer auch nicht verstanden.
Die Frage ist nur, ob man dies als tadelnswerte Abweichung betrachtet oder eher als lässliche Sünde, ja sogar lobenswerte Auflehnung gegen die repressive Bürgermoral.
Nicht zu vergessen, Fleischhauer behandelt hier gerade einen Plagiaten, der scheinbar weder den Vorwurf systematischen Plagiierens, der im Raum steht, ausräumen kann, noch den Umfang des Plagiats selbst erfasst hat. Ein Betrüger ist nach Fleischhauer also möglicherweise ein Held, weil seine Missetat der Gesellschaft bisher nicht aufgefallen ist?
Nein, in Fleischhauers Welt gibt es keine sachlich berechtigte Kritik an Guttenbergs Plagiat — allein deswegen nicht, weil er es nicht verstanden hat.
2 Kommentare
Du sprichst bzw. schreibst mir aus der Seele! Spätestens als der Fleischhauer mit “…Plagiat hin oder her …” kam, hätte ich mich beinahe erbrochen.
Die Genugtuung würde ich dem Spiegel ja nicht geben, vielleicht haben die den ja eh nur als Krawallaugust eingestellt.