Kathrin Passig hat da einen Artikel über das Buch als Kulturgut veröffentlicht, der inhaltlich durchaus anregend ist, aber dann doch in der eigenen Schwarzmalerei ertrinkt. Weil Passig sich von Buchanschaffungen verabschiedet hat, würde das irgendwann um sich greifen und die Literaturindustrie würde es ähnlich ergehen wie der Musikindustrie. Was immer damit genau gemeint ist.
Sonderlich erhellend ist leider nichts in diesem Artikel. Aber das Buch verdient eine Betrachtung als Kulturgegenstand. Denn Bücher sind nach wie vor Ausdruck von Geistreichheit und machen sich nach wie vor in den Zimmern eines Hauses gut. Das sage ich sicherlich auch, weil ich etwas mit Büchern anfangen kann.
Natürlich kenne ich auch den Umstand, dass man irgendwann soviele Bücher hat, dass man nicht mehr weiß, wohin mit ihnen. Manchmal nimmt man seine eigenen Bücher so wenig in die Hand, dass man sie vergißt. Dass man keine Ahnung über die Schätze an Literatur hat, die man in den Schrank gestellt hat. Sowas ändert sich aber schlicht dadurch, dass man sein Bücherregal in Benutzung hält, sich einzelne Sachen ab und an anschaut, spätestens, wenn man ein gutes Geschenk sucht. Dass man mit anderen über Literatur ins Gespräch kommt, gerade durch die Anschauungsobjekte im eigenen Regal.
Ich habe einige Gigabyte an Büchern auf diversen Computern — kein Grund, irgendein Buch wegzugeben. Sie eignen sich als Gegenstände nicht, um damit schnell ins Gespräch zu kommen, sind aber als schnell zur Hand seiende Nachschlagwerke durchaus praktisch. Ich nutze sie gerne, gebe einiges davon auch weiter. Aber man kann so etwas nicht als Geschenk bezeichnen, nicht als Kulturgut.
Auch als Einrichtungsgegenstand sehe ich zu einem wohlsortierten Bücherregal kein Äquivalent, auch wenn einige Zeitgenossen sich daran probierten: Ich habe schon Wohnzimmer gesehen, in denen die eigene DVD-Sammlung ins Auge stechend drappiert wurde oder die Sammlung platter Liebesabenteuer mit diesen Tarzanen auf dem Cover. Das wirkte alles eher verstöhrend als kritisch ausgesucht.
Aber allzu verliebt bin ich in den Gegenstand Buch dann auch wieder nicht: Ich höre gerne von Buchverkäuferinnen, dass ein anfaßbares Buch eben etwas ganz anderes sei als ein Text am Monitor und dass man dicke Schmöker eben nur in Buchform lesen könne. Ich muss nicht Papier streicheln, um einen guten Text als gut zu identifizieren. Ich kann auch längere Texte am Monitor lesen.
Bücher funktionieren ohne Strom und sind ihrer Art nach etwas anderes als Texte am Computer — im Gegesatz zu kaufbaren Musikalben und runterladbaren. Erschwerdend kommt bei der auf Kommerz ausgerichteten Musik hinzu, dass die musikalische Qualität nicht mehr dieselbe ist wie vor Jahren, als noch neue massentaugliche Musikrichtungen entstanden. Früher war Musik ein Medium des intellektuellen Austauschs, das ist sie — in ihrer kommerziellen Form — kaum mehr. Ein Problem, dass die Literatur nicht plagt.
Was aus dem Kulturerbe Buch wird? Es wird weiter Buchgeschäfte geben, in denen kundige Fachleute sinnvolle Lesetipps geben. Soviel ist sicher.