Als ob es nicht schon schlimm genug wäre, mit welcher Naivität Stephanie Guttenberg in Begleitung der Bildzeitung das Thema Kindermissbrauch angeht, drängelt sich jetzt ihr Göttergatte und shinig star der Bundesregierung mit einer ebenbürtigen Fehlleistung ins Medienblitzlicht:
Der Verteidigungsminister erinnerte in seiner Eröffnungsrede auf dem 9. Kongress zur Europäischen Sicherheit und Verteidigung in Berlin daran, dass Köhler für seinen Verweis auf den Zusammenhang zwischen Sicherheitspolitik und Wirtschaftsinteressen “fürchterlich geprügelt” worden sei. “Ich frage mich bis heute, was so verwegen an dieser Aussage war”, sagte Guttenberg. “Ich hätte mir von uns allen etwas mehr Unterstützung in dieser Fragestellung gewünscht.”
Ich glaube, er weiß es wirklich nicht. Und ich glaube, er würde eigenständig auch nicht darauf kommen, was kritisierungswürdig ist an der Haltung, deutsche Soldaten lediglich für Wirtschaftsinteressen in Kriege zu schicken oder solche anzuzetteln.
Aber chick ausgedrückt, nicht wahr? Er wisse nicht, was daran verwegen sein soll. VERWEGEN. So rettet man sich rhetorisch davor, seine Unterstützung des eigentlichen Gedankens gradheraus zu sprechen. Ein kleiner Test, wie weit die Bevölkerung zur Sicherung des eigenen Wohlstands zu gehen bereit ist. Menschenopfer, zumindest als Kollateralschäden?
Aktualisierung
Thomas Wiegold hat ganz recht, wenn er heraushebt, dass Guttenberg diese Ansicht, zumindest der Tendenz nach, schon vor Monaten vertreten hat. Das mindert aber nicht die Kritikbedürftigkeit dieser Ansicht, wo soll schließlich ein Resourcennachschubsrecht der Deutschen herkommen und wär sollte sowas nicht etwa auch innerhalb Deutschlands haben?
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Ich halte diese Aussage: “mit einer ebenbürtigen Fehlleistung” für äußerst fraglich.
Die Äußerung von Horst Köhler war auch keineswegs absurd, sondern die tiefergehende Wahrheit.
Man überlege sich mal folgendes:
Warum ist die Bundeswehr im Ausland? Um die Strukturen und Interessen von Deutschland zu schützen(Terrorismusabwehr)
Wer würde in Deutschland unter Terrorismus leiden?
An erster Stelle natürlich die Bürger!
Aber gab es konkrete Terrorismus-Gefahr in Deutschland?
Nein, von Köln mal abgesehen!
Wen betrifft der Terrorismus dann?
Alle Handelswege zwischen Ländern und durch Lände, mit möglichen “Terror-Netzwerken”
Wem schadet das?
Vielen Unternehmen, die in solchen Regionen expandieren oder ihr Hauptgeschäft haben.
Was hat Deutschland damit zu tun?
Deutschland ist natürlich stark abhängig von einer florierenden Wirtschaft und damit von rentablen Unternehmen. Diese finanzieren direkt oder indirekt den Staat(direkt: Steuern, indirekt: Arbeitsplätze)
Ist das die ganze Wahrheit?
Nein natürlich nicht. Aber es ist die Grundstruktur der Wechselwirkungen zwischen Wirtschaft und staatlicher Interessenvertretung! Und das war auch Köhlers Kernaussage.
Mit freundlichem Gruß
Gnaarz
P.S. Ich hoffe ich habe zum Nachdenken angeregt, über jegliche kontruktive Kritik freue ich mich auch.
Mein Zitat bezog sich auf die Guttenbergs, nicht auf Köhler. Zur Terrorabwehr Deutschlands befindet sich kein deutscher Soldat im Ausland. Die Rede von der Wechselwirkung finde ich zwar nicht unverständlich, aber sachlich eben nicht maßgebend.
Interessant dass Sie meinen, es befände sich kein deutscher Soldat zur Terrorabwehr im Ausland. Entweder haben wir dann den Auftrag, mit dem die Bundeswehr in Afghanistan aktiv ist unterschiedlich interpretiert, oder Afghanistan ist nicht Ausland.
Anlaß für die Beteiligung an ISAF war ja, zu verhindern, dass das Land Terroristen keine Unterschlupfmöglichkeit bietet. Der Aufbau von afgh. Sicherheitskräften dient dazu, in dem Land für Sicherheit zu sorgen und damit natürlich auch zu verhindern, dass extreme Kräfte wieder an Macht gewinnen. Ob das mit dem Versöhnungsprozess noch erreicht werden kann, ist eine andere Frage.
Fest steht, dass die Bundeswehr sehr wohl zur Terrorabwehr im Ausland ist; diese beginnt ja nicht erst mit der Festnahme von potentiellen Terroristen kurz vor dem Anschlag, sondern lange vorher, indem die Entwicklung von Strukturen, die Voraussetzung zur Entstehung von terroristischen Idealen sind, unterbunden wird.
Die Ziele der ISAF sind anders ausgedrückt worden. Das da oben scheint eine subjektive Interpretation zu sein.
Abgesehen davon rechtfertigt dies weder die aktuelle Situation, noch rechtfertigt die aktuelle Situation sich selbst durch Vorhandensein.
@Carsten: Stimmt, die Ziele — oder besser der Auftrag — werden im aktuellen Mandatstext entsprechend aufgezählt. Dabei ist auch keine Rede von wirtschaftlichen Interessen Deutschlands.
Zusätzlich nimmt aber das Mandat ausdrücklich Bezug auf die UNSR-Resolution 1386, in der es heißt:
“(…) Supporting international efforts to root out terrorism,(…)
Welcoming developments in Afghanistan that will allow for all Afghans to enjoy inalienable rights and freedom unfettered by oppression and terror,(…)”
Zur Info außerdem noch dieser Link, interessant sind hier Fragen 9 und 10: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/15/015/1501556.pdf
Ich kann nicht erkennen, wieso meine Interpretation subjektiv sein sollte…
Das ist korrekt, ich muss die Unterstellung der Subjektivität und der Meinung, kein Soldat sei mit der Begründung von Terrorabwehr in Deutschland im Ausland unterwegs wohl einkassieren. Die Stelle, an der sich die damalige rotgrüne Regierung erklärt, lautet genauer:
Danke für den Input. Hälst du die damalige Begründung denn für akzeptabel?
Aus heutiger Perspektive stellt sich die Situation natürlich ganz anders dar; wir und sicher auch die USA würden sich nicht einfach so wieder in ein solches Abenteuer wagen. Allerdings sollte man sich selbst prüfen, was man im Augenblick der Anschläge damals 2001 gefühlt und gedacht hat, bevor man die Entscheidung aus der Entfernung kritisiert. Unter diesem Eindruck stand ja die Politik.
Dilemma der SPD ist ein bißchen, dass Schröder den Einsatz an die Vertrauensfrage gekoppelt hatte. Dadurch konnte sich die Union nur enthalten, die SPD und v.a. die Grünen “mussten” zustimmen. (Ohne Vertrauensfrage hätte die Union sicher ebenfalls zugestimmt, die Grünen sich größenteils enthalten.)
Der Grund für das — auch weiterhin bestehende — Mandat ist aber der Aufbau von Sicherheitsstrukturen, um den berühmten “sicheren Hafen” für Terroristen zu vermeiden. Zusätzlich wurde in der Anfangszeit aber der Eindruck erweckt (und sicher von Einzelnen auch geglaubt), das Land solle darüberhinaus demokratisiert werden, inkl. rechtsstaatlicher Prinzipien auf Basis von Menschen- und Frauenrechten. Dies ist in so kurzer Zeit natürlich nicht möglich, nachhaltig schon gar nicht, wenn wichtige Gruppen ignoriert werden. Demokratisierung kann nur gelingen, wenn die eigene Gesellschaft dahinter steht und weitere Voraussetzungen wie Gleichheit der Geschlechter und ein gewisses Bildungsniveau bestehen.
Nun stehen wir vor dem Problem, das beste aus der Situation zu machen. D.h. wie kann ein Rückzug gelingen, ohne dass die bisherigen Errungenschaften wie demokratische Strukturen und Basisrechte verloren gehen, die intern. Gemeinschaft ihr Gesicht verliert sowie der ursprüngliche Grund für den Einsatz — Terrornest — nicht zurückkehrt. Hindernis ist dabei, dass ohne regionale Einbindung (mindestens Pakistan & Iran) und gesellschaftlichen Konsens (bisher ist die afgh. Gesellschaft eher stark gesplittet, auch aus Angst vor den Aufständischen) wohl keine wirklichen Veränderungen eintreten werden.
Also wird bis 2014 die Situation schön geredet, obwohl sie es nicht sein wird. Wenn man ehrlich ist, werden wir noch einige Jahrzehnte in AFG präsent sein, wenn auch nicht mit Militär, so dann doch mit finanzieller Unterstützung und ziviler Hilfe.
Dem müssen wir uns stellen und die Sache anpacken, und nicht sinnlose was-wäre-wenn-Fragen stellen.
Daher: ich halte die damalige Begründung unter den damaligen Eindrücken für akzeptabel; ich halte es für zu einfach, jetzt zu sagen, wir gehen nach Hause und überlassen das Land und die Region wieder sich selbst. Ich halte es aber für falsch, einen Zeitpunkt zu nennen, zu dem sich die Lage auf jeden Fall ausreichend verbessert hat.
Wirtschaftsinteressen spielen in diesem Konflikt für uns nur soweit eine Rolle, dass wir als Exportnation ein Interesse daran haben, dass weltweit Stabilität herrscht, damit unsere Produkte gekauft werden. Gute Beziehungen zu den USA sind sicher vorteilhaft.