Neuntklässler haben im Unterricht den neuen Personalausweis geknackt — mit einer Einwegkamera, einem Lötkolben und einem Schraubenzieher. Die Bundesregierung hatte den neuen 30€ teueren — der alte kostet 8€ — aus Sichherheitsgründen eingeführt. Andernorts reagiert man intensiver auf Bildzeitungsaktionen.
Die Duisburg-Essener Universität hat Bildzeitungsreporterin Alice Schwarzer zur Mercator-Professorin gemacht, eine Professur für Weltoffenheit und Gedöns.
Harald Schmidt geht vom sich als Natiolalmannschaft denkenden Schlafsender ARD zurück zu Sat1 — und könnte dort Oliver Pocher verdrängen. Währenddessen hat die ARD nichts lustiges mehr zu bieten, kann sich andererseits im Politikgeplapper nicht sinnvoll begrenzen.
Deutsche, muslimische Kulturschaffende haben einen offenen Brief an Bundespräsident Wulff verfasst:
was wir momentan beobachten, ist leider das Gegenteil eines solchen Prozesses, in dem Menschen aufeinander zugehen, damit Gutes entsteht. Wir erleben, wie sich Teile der Bevölkerung von anderen absetzen. Wie Minderheiten ausgedeutet und öffentlich als “Andere” markiert werden. Die Tonlage ist oft genug nicht neugierig und gesprächsbereit, sondern aggressiv und diffamierend. Für Musliminnen und Muslime ist derzeit nicht einmal der Gang zum Zeitungshändler leicht, weil sie nie wissen, welche Schlagzeile, welches stereotype Bild sie dort erwartet. Auch in der Schule, bei der Arbeit und am Ausbildungsplatz kann es sein, dass einem Feindseligkeit entgegenschlägt.
Und während ich mir die Frage stelle: Ist man heutzutage schon weltoffen, wenn man als intelligente Person für die Bildzeitung schreibt? hole ich mir erstmal noch einen Kaffee.
[Foto: Luc van Gent]
In Berlin kam es auf einer Pressekonferenz zu einer interessanten Begegnung: Wolfgang Schäuble stellte sich einer Frage Rob Savelbergs. Savelberg sorgte im letzten Jahr für Aufsehen, als er Angela Merkel die Frage stellte, wie sie jemanden zum Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland machen könne, der sich wie Wolfgang Schäuble nicht an eine 100.000 DM-Spende an die CDU durch Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber erinnern konnte, die in Schäubles Schreibtisch landete und inzwischen verschwunden ist. In einem Interview mit Die WELT konkretisierte Savelberg den kritischen Gehalt seiner Frage und nannte Schäuble “keine saubere Person”.
Maybrit Illner konfrontierte kurz darauf Wolfgang Schäuble auf die Frage von Rob Savelberg. Damals ließ Schäuble allerdings schulbuchmäßig Illner gegen die Wand laufen: Er wisse nicht, was an der Frage von Savelberg “sonderlich intelligent” sei und würde generell nicht zur Qualität von Journalistenfragen Stellung beziehen.
Savelberg stellte Schäuble nun die Frage, ob er immer noch, wie er vor zehn Jahren sagte, glaube, dass kein Mitglied der Regierung Kohl käuflich gewesen sei. In der Zwischenzeit gab es die Verurteilungen von Herrn Kanther, von Herrn Pfahls, und u.a. auch von Herrn Weyrauch, von Herrn Leisler Kiep und von Herrn Schreiber. Helmut Kohl ließ gegen Bezahlung von 300.000 DM das Verfahren einstellen. Das Verfahren gegen Herrn Sayn-Wittgenstein wurde aus gesundheitlichen Gründen eingestellt. Wolfgang Schäuble antwortete auf die Frage Savelbergs wie folgt:
1. 00:00 Käufliche Regierungsmitglieder
2. 00:48 Manfred Kanther
3. 01:14 Die anderen
4. 01:23 Niemals käufliche Bundesregierungsmitglieder
5. 01:58 Karlheinz Schreiber
6. 02:53 Deutsche Einheit
7. 03:47 Deutschland heute & Deutscher Fußball
8. 04:16 Allmählige Integration & Deutsche Identität
9. 04:44 Deutschlands Einheit und Schäubles Beitrag
Die Antwort Wolfgang Schäubles darf man wohl als rhetorisch geschickt bezeichnen. Lose Bemerkungen hierzu:
1. Schäuble nutzt die Nichtverurteilung von Helmut Kohl in der CDU-Spendenaffäre wegen geringer Schuld gemäß § 153 a StPO, um darauf zu pochen, dass ein jeder in der Bundesrepublik unter demselben Rechtsgesetz stünde, sei er nun Bundeskanzler oder Hartz-4-Empfänger. Natürlich verschweigt Schäuble, dass dem Hartz-4-Empfänger in aller Regel nicht 150.000€ zur Verfügung stehen, um sich vor Gericht frei zu kaufen.
2. Schäuble insistiert darauf, es gäbe “nicht den geringsten Anlass”, Manfred Kanther für käuflich zu halten. Es gibt zwar keine rechtliche Anklage, aber keinen Anlass? Wikipedia: “Manfred Kanther hatte den Süßwarenkonzern Ferrero 1999 anwaltlich beraten. Ferrero hatte der CDU seit Anfang der 1980er-Jahre fast eine Million DM gespendet, die schwarz eingenommen und ausgegeben wurden.” Kanther war von 1991–98 Landeschef der Hessen-CDU. Es ist nicht falsch, wenn Schäuble sagt, Kanther sei vorgeworfen worden, er habe für die Hessen-CDU Reglungen getroffen, die so mit den Gesetzen nicht in Übereinstimmung waren. Es verschleiert allerdings, dass Kanther als Verantwortlicher für den Verstoß gegen das Parteispendengesetz verurteilt wurde und somit vorbestraft ist.
3. Schäubles Aussage in 3. ist genau genommen richtig, aber er hat allen Grund, diesen Punkt schnell zu übergehen: Holger-Ludwig Pfahls war als verbeamteter Staatssekretär zwar dem Bundesministerium in der Regierung Kohl zugeordnet und hatte dessen politische Haltung zu vertreten, gehörte aber streng genommen nicht zur Bundesregierung. Pfahls ist inzwischen rechtmäßig vom Landgericht Augsburg wegen Vorteilsannahme und Steuerhinterziehung zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt worden.
4. Die Punkte 6. bis 9., mehr als die Hälfte der ganzen Antwort, dienen nicht der Beantwortung der Frage. Rhetorisch sind sie aber geschickt geeignet, um die Aufmerksamkeit von vergleichsweise wesentlicheren Punkten wie 3. oder die Interpretation der Rolle Manfred Kanthers in 2. abzulenken.
[Foto Rob Savelberg: Philipp Ebeling]