Im Juni hatte die Bildzeitung schon einmal über die Thesen Thilo Sarrazin berichtet, die er jetzt zur Veröffentlichung seines Buches nochmal vorgetragen hat. Damals allerdings in einer anderen Darlegung. Sarrazin war damals für die Bildzeitung nicht derjenige, der endlich einmal sagt, was das Volk denkt, nein, Sarrazin war der Pöbler vom Dienst. Kritiker Sarrazins, so die Bildzeitung,
attackieren ganz überwiegend die Passagen in Sarrazins Buch, wonach die Gene der Zuwanderer, ihre angeborene Intelligenz, über ihr individuelles Schicksal in Deutschland entscheiden. Motto: Blöd bleibt blöd, da helfen keine Pillen.
Dieses Fazit entzieht der Politik Geschäftsgrundlage und Daseinsberechtigung gleichermaßen: Wenn die Verhältnisse tatsächlich genetisches Schicksal sind, kann jede Politik einpacken, die in irgendeiner Form die Verhältnisse ändern will, bessern will. Das lässt kein Politiker, in keiner Partei, auf sich sitzen. Deshalb keilt selbst die über alle Maßen pragmatische Kanzlerin derart zurück, von den “Sozial-Ingenieuren” bei SPD und Grünen ganz zu schweigen.
Hier unterschlägt die Bildzeitung komplett, dass es schlichter an alte Zeiten erinnernder Unfug ist, die indivuduelle gesellschaftliche Entwicklung eines Menschen allein oder auch nur vorrangig auf irgendwelche Gene zurück zu führen. Wenn morgens gedankensteuernde Aliens die Welt bevölkern, entzöge dies der Politik ebenso “Geschäftsgrundlage und Daseinsberechtigung” — es ist nur ebensolcher Schwachsinn, dies anzunehmen.
Für die Bürger geht es aber genauso ums Ganze – nämlich ebenfalls um sie selbst.
Zuwanderer mit muslimischem Hintergrund sind überproportional in der Kriminal-Statistik vertreten, bei den Schulabbrechern, bei den Hartz-IV-Empfängern. Amtliche, statistische Daten decken sich mit persönlichen Eindrücken, Sorgen und Ängsten. Deshalb bejahen sie vor allem das Unverblümte, Radikale an Sarrazins Bestandsaufnahme.
Bürger sind an dieser Stelle nicht mehr muslimische Deutsche ohne Hochschulbildung. Bürger sind die von Bild erfundene Mehrheit des Deutschen Volkes, die sich über die nichtstattfindende Integration von Muslima in Deutschland beklagen — als ob sie daran interessiert wären. Und auf welche Daten sich da der Schreiberling der Bild bezieht ist ebenso uneinsichtig — Hauptsache die Richtung stimmt.
Warum nutzt die Bildeitung also auf einmal das Trittbrett Sarrazin zur Stimmungsmache? Weil der dieselbe Argumentationsform verwendet: Fachfremdes, polemisches Rumbehaupten gegen Minderheitsgruppen ohne die Fähigkeit zur Selbstkritik. Wer Sarrazins Haltung recht gibt, kann dann ja auchnichts mehr gegen die Bildzeitung haben.
Sicherlich gibt es Integrationsverweigerung in Deutschland. Aber es gibt auch hausgemachte Bildungsschikanen gegenüber Menschen, die keinen 100%ig deutschen Eindruck machen, angefangen vom Nachnamen, vom Sprachakzent bis zum Aussehen. Warum sollte sich jemand um Integration bemühen, wenn ihm das keinen sozialen Vorteil bringt und andererseits auch offen abgelehnt wird? Aber für eine differenziertere Betrachtung ist in der Bild kein Platz.
Sarrazin ist nichts anderes als Bildzeitungsargumentation in Gestalt eines Anzugsträgers. Angeblich schafft sich Deutschland durch das sich nicht integrieren wollende, muslimische Prekariat ab. Ich glaube ja eher, dass Deutschland sich dadruch abschafft, dass viele Menschen auf charakterlose Firmen wie Billigdiscounter zum kaufen und dort arbeiten angewiesen sind. Und solche Firmen sind keine muslimische Erfindung — sondern die profitgeiler Anzugträger.
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Die Bundesbank hat ihr Problem Sarrazin jetzt gelöst. Auch wenn es jetzt das öffentlich gemacht hat was immer vermutet wurde. Die Bundesbank ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Der Weber hat ja nur das gemacht, was die Merkel ihm gesagt hat. Dieser Mann ist für die EZB natürlich nicht geeignet. Der ist reif für den Ruhestand.
Ich glaube nicht, dass Weber derart unter der Fuchtel von Merkel steht.