
Julia Seeliger hat drüben bei der taz einen Text über alternative Lebensgemeinschaften zu Ehen geschrieben und fordert adequate Rechte. Sie beginnt den Text mit der Information, dass ihre Freund, während sie schreibt, sich mit einer anderen vergnügt. So gesehen kann der Text auch dahingehend verstanden werden, dass man von solchen Texten verschont bleibt, wenn man den Freund nur zur Monogamie zwingt. Jedenfalls: Wer berufliches Schreiben nicht vom Erzählen seiner Privatmeinung trennen kann, und das auch gleich zu Beginn eines Textes, der sollte sich nicht wundern, wenn über Privates dann auch kommentiert wird.
Generell fasst Seeliger Ehe als Form von Liebesgemeinschaft auf, und dazu gäbe es Alternativen. Daher sollte was verändert werden. Nun ist die Ehe als Liebesverbindung ein Gedanke neueren Datums. Das kann man auch anders auffassen. Nach Immanuel Kant z.b. ist eine Ehe
die Verbindung zweier Personen verschiedenen Geschlechts zum lebenswierigen wechselseitigen Besitz ihrer Geschlechtseigenschaften.
Gegen Schwule und Lesben hat er also was. Diese stellten eine widernatürliche Geschlechtsgemeinschaft dar, und unter einer Geschlechtsgemeinschaft versteht Kant
wechselseitigen Gebrauch, den ein Mensch von eines anderen Geschlechtsorganen und Vermögen macht
[Brecht hat das mal vergnüglich auf die Schippe genommen.] Von Liebe ist hier keine Rede, von der Kinderplanung auch nicht, sondern nur vom Genuß, denn jemand, der eine Ehe eingeht, von der Geschlechtsgemeinschaft hat. Werden jetzt Kinder in die Welt gesetzt, haben Eltern die Aufgabe,
sie, so viel in ihren Kräften ist, mit diesem ihrem Zustande [d.i. dem In-die-Welt-gesetzt-sein ] zufrieden zu machen
weil die so gezeugten Personen ohne ihre Einwilligung auf die Welt gesetzt wurden. Hieraus entsteht nach Kant eine notwendige häusliche Gesellschaft, die in Rede stehenden Personen bilden eine Familie.
[Kant, AA VI, 277ff.]
Interessant an der ganzen Geschichte ist nun, dass ja viele heutzutage an der Kantischen Sicht das Widernatürliche, was Schwule und Lesben angeht, abstreiten würden, ohne dass sie vollkommen vom Begriff des Widernatürlichen lassen würden. Man lässt keine Kuh als Elternteil zu, weil das widernatürlich ist. Die Verbindung von Mann und Frau ist der einzig natürliche Weg zur Erzeugung eines Kindes, bei allen anderen Möglichkeiten. Adoption ist eine staatliche Anerkennung einer Lebensgemeinschaft als Fürsorger eines Kindes, aus der rechtliche Ansprüche erwachsen.
Den Vätern des Grundgesetzes war bei ihrer Idee der Famile der Gedanke der Versorgung der Frau und der Kinder wichtig. Den Kindern sollte ein gutes Aufwachsen ermöglicht werden, auch wenn der Ehemann frühzeitig starb und so die Frau Oberhaupt der Familie wurde. Ein Wertewandel hat sicherlich insofern stattgefunden, als dass damals rein rechtlich, die Ehefrau beim Kauf einer Wurst nur ihren Ehemann vertrat, da sie selbst keine Verträge eingehen durfte.
Eine Veränderung des Familienbegriffs in rechtlicher Hinsicht hin zu einem mehr metaphorischen Gebraucht scheint mir damit eher unsinnig zu sein.