Auch an Weihnachten verschont man die deutsche Leserschaft beim Axel Springer Verlag nicht mit ihrer nervigen Kampagne gegen die Tagesschau-iPhone-App. Und redete man in den vergangenen Tagen noch von der Wahrung des Qualitätsjournalismus’ und der Meinungsvielfalt, schlägt man nun genau diesen beiden Dingen ins Gesicht.
Nun hat man drei Politiker gefunden, die gerne mal wieder ihren Namen über die Bildzeitung promotet sehen möchten. Und auch diese drei Wichtel übernehmen artig die Untergang-des-Abendland-Attitüde, die diesen lächerlichen Streit begleitet. Tituliert wird der Artikel, der die Aussagen der drei Politiker darlegt, wie folgt:
Alle Parteien einig. Politiker kritisieren Tagesschau-App
Bei den Aussagen handelt es sich offensichtlich nicht um Standpunkte der Parteien. Selbst wenn dem so wäre — zur Bundestagswahl 2009 sind 27 Parteien angetreten. Aus der Haltung von 3 Parteien zu schließen, alle Parteien seien dieser Meinung, ist ziemlicher Unsinn.
Lars Klingbeil wird so zitiert, als nähme er diesen Streit zum Anlass, um eine neue Gebührenordnung der öffentlich-rechtlichen Sender zu fordern. Unklar ist, ob er sich überhaupt über diese Software geäußert hat. Burkhard Müller-Sönksen, ein Stammgast in den Artikeln des Springer-Konzerns, bedankt sich scheinbar auf seine Weise für die mediale Präsenz, indem er gegen die Tagesschau-App wettert, diese werde von einer Mehrheit über die Gebühren bezahlt, käme aber nur einer Minderheit zugute. Mit dem Argument könnte man die Gebärdensprachdolmetscher bei den Nachrichtensendungen auch gleich rauskicken.
Wolfgang Börnsen bescheinigt gegenüber der Bild ARD und ZDF, auf dem besten Wege zu sein, ein Kartell zu betreiben. Zuvor hatte Börnsen in der Bild Günter Grass aufgefordert, seinen Literaturnobelpreis zurück zugeben. Nur mal so für diejenigen, die gerade nicht wissen, wo das Niveau hängt, wenn Politiker wie Börnsen in der Bild was fordern.
Ein Artikel, den man unter Qualitätsjournalismus verbuchen könnte, und der ähnlich in der WELT steht, ist dies nicht. Alle drei Politiker erwecken eher den Eindruck, dieses Thema als Trittbrett, um mal wieder öffentlich in Erscheinung zu treten, zu verwenden.
Und was die Meinungsvielfalt angeht, die der Axel Springer Verlag durch die Tagesschau-App ebenfalls in Gefahr sieht: Nachdem auf der Seite der WELT in den Kommentaren die Diskussion um die App sich verstärkt in eine Kritik am Axel Springer Verlag wandelte, sperrte man kurzerhand bei der WELT die Kommentarfunktion.
Qualitätsjournalismus und Meinungsvielfalt sind eben für manche Verleger nichts weiter als Mode-Etiketten ohne eigenen Inhalt.
mehr
Tagesspiegel : App-Politiker