Heute machen sich die zu Springer gehörende Zeitungen Hamburger Abendblatt und Berliner Morgenpost daran, Inhalte des Lokalteils nur noch kostenpflichtig anzubieten. Man müsse gegen das Mutter-Theresa-Prinzip angehen, Werbeeinnahmen seien im Internet nicht gewinnträchtig, Benutzer seien durch kostenlose Inhalte verwöhnt, jammer, jammer, blabla.
Wenn man sich jetzt die Lokalberichte für das Gebiet Pinneberg beim Hamburger Abendblatt anschaut, dann sieht man, dass die Berichte einerseits nicht gerade neu sind und andererseits schon anderswo, das heisst hier, hier, hier, hier, hier und hier, zu lesen sind.
Dass sich Inhalte anderswo finden lassen, ist an sich noch nicht verwunderlich, schliesslich sind die Informationen selbst nicht durch irgendetwas geschützt. Es ist eben nur das Einbringen der eigenen Aufarbeitung eines Themas, der einen Mehrwert eines Artikels ausmacht. Irgendwie scheint mir das als Leser des Lokalangebots der Hamburger Abendblatt nicht ersichtlich, dass Aufarbeitung dort so stattfindet, dass man seine Brieftasche zückt.
Auf qualitative Defizite verweist auch schon ein Wir-wollen-Geld-von-den-Nutzern-Rechtfertigungsartikel: Hier verschwimmen halbgare Analysen des Internetzeitalters mit dem Drang, eine Lösung für das Überleben der Zeitungen zu finden:
Zudem bestimmen im Internet nicht die Medienhäuser der analogen Welt die Spielregeln. Hier haben neue Unternehmen wie die Suchmaschine Google das Sagen, die in Wirklichkeit global agierender Werbevermarkter ist. Legendär ist mittlerweile der Ausspruch des Verlegers Hubert Burda, dass im Internet mit Werbung nur „lausige Pennys“ zu verdienen seien.
Nein, liebes Hamburger Abendblatt, Qualitätsjournalismus sieht anders aus als dieses Geschwurbel. Gottseidank bestimmen die Medienhäuser nicht die Spielregeln im Internet, das wäre ja noch schöner. Die Aufdeckung, dass Google nicht Suchmaschine, sondern “in Wirklichkeit global agierender Werbevermarkter” ist, ist von bodenlose Seichtigkeit und “in Wirklichkeit” nur Eines: Futterneid. Immerhin: Dass Hubert Burda “legendäre Aussprüche” absondert, das ist mir neu.
Hinter dieser Fassade steckt vermutlich nicht die Selbstsicherheit eines Qualitätsjournalisten, der auf Bezahlung seine Arbeit vertrauen kann, sondern die Verunsicherung eines Verlagshauses, dass im Internet seine Felle davon schwimmen sieht. Aber selbst Schuld: Wer durch zu oft kopierte Presseagenturmeldungen und durch dick aufgetragene Klatschseiten seine Zeitung zu einer Rumpelbude macht, der sollte sich nicht wundern, wenn sie niemand mehr für eine Desigerwohnung hält.