Pro7 verschaukelt bei der Sendung Popstars seine Zuschauer und allen tut es weh: Den Zuschauern, den Kritikern, den Jugendlichen, denen langsam die kalte Abzockmentalität des Senders klar wird und den Werbetreibenden wird sicher auch schon mulmig. Auch Moderatorin Charlotte Schall-&-Rauch kommt das wohl nicht ganz wie eine saubere Aktion vor. Zwar blendet Pro7 lautstark Musik über die den Sender ausbuhenden Konzertbesucher, die man im Ansatz dennoch hört, aber hört man das Charlottchen doch noch sagen: “Voten Sie fleißig weiter (…) Wir gehen lieber ganz schnell in Deckung …”
Ja, das ist wohl auch besser so, wenn sich Pro7 langsam in Deckung vor seinem Publikum begibt. Im nüchternen Zustand ist das, was das deutschen Privatfernsehens dem Zuschauer zumutet, eh nicht mehr zu ertragen. Es ist ein reines Abspielprogramm amerikanischer Sendungen geworden, gespickt mit journalismusimitierenden, überschminkten Trash-Formaten. Die Sender haben mittlerweile alles imitiert, und nichts davon Leben eingehaucht. Der Spaß am Fernsehmachen, den die Privaten anfangs so ansteckend auslebten, er ist tot. Da geht man besser in Deckung wie die Toten einer Geisterstadt, die Touristen anlocken wollen. Oder man spielt lautstark Musik über kritische Äußerungen des Publikums. Wie kleine Kinder, die “lalalalalala, ich hör dich nicht” brüllen, während sie sich die Ohren zuhalten, weil sie meinen, was man nicht an sein Bewusstsein ranlässt, das existiert nicht. Wenn man erst mal so weit ist, ist der Griff zur Flasche nicht weit.
Ich hab ja bisher immer gedacht, dass es dem deutschen Fernsehen langsam so geht wie dem deutschen Schlager in den 90er Jahren. Irgendwann wurde von Innovationsanspruch auf reine Wirtschaftlichkeit umgeschaltet, dann lief eben das Publikum weg, dass für die weitreichende Popularität gesorgt hat. Und als man dann merkte, dass das Publikum, vor dem man sang, gar nicht mehr das war, was man sich wünschte, fing man das Trinken an.
In Amerika streikten die Autoren, sorgten danach, eigentlich auch schon früher, für wirklich ansprechend gut gemachte Serien: Chuck, Dexter, Flash Forward, Fringe, um mal ein paar jüngere zu nennen. Würden die Schreiber in Deutschland streiken, wer würde das in den ersten Monaten merken? Welche Sendung braucht denn ernsthaft noch ein Drehbuch? Die Qualität ist so im Keller, dass man nicht mehr von Qualität sprechen kann.
Wenn es sich wirtschaftlich lohnt, werden Serien gestückelt oder absurd versendet. Dabei meinte die RTL-Chefin im Zuge der TV-Qualitätsdiskussion im letzten Jahr, RTL mache kein Fernsehen für die Kritiker, sondern für die Zuschauer.
Das glaube ich nicht.