Wenn man in der Sache der Selbsttötung Robert Enkes etwas Gutes zu formulieren sucht, greift man derzeit gerne dazu, dass es derzeit immerhin gut sei, dass über Depression gesprochen werde. Aber es wird immer nur von der Depression anderer gesprochen. Es wird davon gesprochen, wie man Betroffenen hilft, wie sich die Masse verhalten soll, ob man Leistungssportlern als Öffentlichkeit zuviel zumutet.
Niemand redet öffentlich über Depression als seinem Gefühl. Hier würde ich noch den Unterschied machen, ob man das Gefühl einer Depression kennt oder ob man an einer Depression erkrankt ist. Ich würde den Gedanken der Ziel- und Zwecklosigkeit des eigenen Handelns, des eigenen Lebens darunter verstehen, welches zu einem anhaltenden, niederdrückenden Gefühl führt. Wenn sie erkrankt sind, ist dieses Gefühl allgegenwärtig, selbst in eher lustigen Sitationen. Irgendwann konkurrieren angenehme und niederdrückende Gefühle aktiv miteinander und scheinbar können die negativen Gefühle langandauernder sein als die positiven.
Man befindet sich in einer Spirale, in der vieles zusammenkommt: Die eigene Belastung, die Alltagssituationen, das Leben mit seinen Mitmenschen, der Blick in die Zukunft. Jedes dieser Dinge wird eigentlich für sich geregelt, aber mit dem Gedanken, dass all das zu nichts führt, lässt sich auch alles verbinden. Es ist schwieriger, das Positive damit langfristig damit zu verbinden.
Wenn Robert Enke es als Problem sah, dass nach seiner Ansicht das Jugendamt es in Erwägung zieht, ihm wegen seiner Krankheit sein vor wenigen Monaten adoptiertes Kind wegzunehmen. und ihn das in so kurzer Zeit so stark belastet hat, dann muss man von einer starken Erkrankung sprechen. Und auch wenn ich kein Arzt bin, scheint mir die einzig passende Maßnahme zu sein, dass man eine derartige Person sofort raus aus dem Alltag nimmt. Wer solchen Menschen helfen will, muss versuchen, deren Gedankengänge nachzuzeichnen, ihnen Kontra geben, wo man meint, dass eine falsche Richtung eingeschlagen wird.
Vor wenigen Tagen hat André Agassi über seine schweren Gedanken als Leistungssportler gesprochen und wie er Steffi Graf gesagt hat, dass er das Tennisgeschäft hasse. Und danach spricht er von der Antwort Steffi Grafs wie von einem erleuchtenden Moment. Sie sagte: “Hassen wir es nicht alle?”
Hier haben Sie den düsteren Gedanken, hier haben sie den Weg weg aus der Düsternis. Das scheint nicht anders zu gehen, als dass man immer auch von sich selbst spricht. Vom Kopf her bildet man so eine Gemeinschaft, die derjenigen, die sich Depressive als sie verunsichernde Gegengemeinschaft erfinden, entgegentritt und diese sich auflösen lässt.
Solange man aber nur von der Depression der anderen spricht, ist das Tabu über dem Thema Depression nicht weg.