Die taz-Piraten oder: Wie man eine Verschwörungstheorie entert

tazpiraten
Wenn sich in let­zter Zeit wirk­lich eine deutsche Zeitung um ein externes Watch-Blog bemüht, dann ist es die tageszeitung, kurz taz.
Als Ines Pohl im ver­gan­genen Som­mer die Leitung der taz von Bascha Mika über­nahm, sagte sie:

Bascha Mika warnt davor, dass die „taz“ zurück­fällt in eine Zeit der Grabenkämpfe und zurück­kehrt in ide­ol­o­gis­che Eck­en von vorgestern. Das wird der „taz“ auch mit mir in der Chefredak­tion nicht passieren.


Links zu sein heißt für mich auch, kri­tisch und auf­ständisch sein, Attribute, die für die „taz“ ja passen.

Wirk­lich?
In den let­zten Wochen fiel ver­stärkt auf, wie die taz die Piraten­partei ins Visi­er nahm.
Im Artikel Die Untiefen der Frei­heit kon­sta­tiert Albrecht von Lucke, man wird sich, sofern die Piraten­partei nicht ihren Frei­heits­be­griff klärte,
nicht darüber wun­dern kön­nen, wenn sich auch in Zukun­ft hin­ter dem Pirat­en-Label alle möglichen zwielichti­gen “Frei­heitlichen” ver­sam­meln wer­den.
Julia Seel­iger weiss aus dem Umstand, dass das Vor­standsmit­glied der Piraten­partei Andreas Popp naiv­er Weise der rechts­gerichteten Zeitung Junge Frei­heit ein Inter­view gegeben hat, den Schluss zu ziehen:
Aber­mals ist es der Piraten­partei passiert, unsen­si­bel gegenüber recht­slasti­gen Argu­men­ta­tio­nen gewe­sen zu sein.
Rhetorik für Anfänger. Wenn sie jeman­dem nichts direkt vor­w­er­fen kön­nen, ver­suchen sie es indi­rekt. Das Inter­view ging über­haupt nicht um rechte The­men, der Inter­view­er ver­suchte nicht, dem Inter­viewten Mei­n­un­gen unterzuschieben[1.
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1. Diskutabel ist dabei natür­lich der Satz des Inter­view­ers Linke, soziale Parteien ste­hen klas­sisch für soziale Ent­mündi­gung zugun­sten eines stark bemut­tern­den Staates.
Aber Popp pari­ert diesen Satz
] oder zu befördern. Was also tun? Wer­fen sie ihm geschwurbeltes Zeugs vor, wie “unsen­si­bel gegenüber recht­slasti­gen Argu­men­ta­tio­nen” zu sein. Recht­slastige Argu­men­ta­tio­nen sind nicht behan­delt wor­den, aber gefühlt sind sie eben für die sen­si­blen tazler immer im Spiel. Da kann man argu­men­ta­tiv nichts mehr anricht­en: Gefüh­le unter­ste­hen der pri­vat­en Äußerungs­berech­ti­gung.
Felix Lee mut­maßt nach der Bun­destagswahl, die Piraten­partei freue sich über
720.000 Euro, die dem­nächst in ihre Parteikassen fließen wer­den. An der Finanzsi­t­u­a­tion wird es also nicht liegen, falls der nun anste­hende Parteiauf­bau scheit­ern sollte.
Offen­bar geht man bei der taz davon aus, dass ein anste­hen­der Parteiauf­bau scheit­ert. Lee und Seel­iger kom­men zu der erstaunlichen Ein­sicht, einiges spräche für den
Fortbe­stand der Inter­net-Partei auch nach der Bun­destagswahl. […]
Zudem würde es
nicht ver­wun­dern, wenn bere­its die näch­ste Bun­desregierung speziell einen Staatssekretär für die Online-Welt abstem­pelt. — Dem Gedanken­gang der Autoren zufolge wohl das Aus für die Piraten­partei.
Der Erfolg der Piraten­partei in Schwe­den
gibt den Pirat­en Selb­st­be­wusst­sein – zu Unrecht. Denn sie sind bei weit­em nicht die einzi­gen, die die Net­zwelt­the­men behan­deln.
Bei der taz weiss man wohl inzwis­chen auch, wann welche Partei zurecht selb­st­be­wusst sein darf. Ist das nicht schon ein Partei-ergreifen?
Heute schreibt Paul Wrusch den Artikel Der Pirat, der ein­mal Nazi war. Nazis, Neo-Nazis und Recht­sex­treme, das ist bei der taz offen­sichtlich ein­er­lei. Der wesentlich­ste Punkt des Artikels über ein Piraten­mit­glied, das zuvor extrem rechts engagiert war, ist hier­bei schon in der Über­schrift fest­ge­hal­ten:
Unter­wan­derung­s­ten­den­zen.
Wer die taz ver­fol­gt hat, der weiss wie Wrusch über die Piraten­partei:
Die tut sich im Umgang mit der­ar­ti­gen Fällen und der Abgren­zung nach Rechts noch schw­er.
Am Ende, als Höhep­unkt des Artikels, kommt Wrusch zu sein­er eigentlichen Mes­sage, die im Kern nichts anderes ist als eine Ver­schwörungs­the­o­rie:
Die Recht­en unter­dessen wis­sen, dass ihnen von den Pirat­en Konkur­renz um Wäh­ler­stim­men dro­ht: Vor allem junge Män­ner kön­nten zu den Pirat­en über­laufen, fürcht­en sie. Auf dem Info­por­tal gesamtrechts.net fordert ein anonymer Kolum­nist daher schon Anfang August offen: “Werdet rechte Pirat­en”. Ein direk­ter Aufruf zur Unter­wan­derung.
Als ob das noch nicht pein­lich genug wäre, darf sich Wrusch seine Fehlin­ter­pre­ta­tion von den Recht­en um die Ohren hauen lassen:
Wir haben den Parteis­trate­gen des recht­en Lagers anger­at­en, sich der The­men der Piraten­partei anzunehmen, um auf diese Weise so wenige Jung- und Erst­wäh­ler wie möglich an die Piraten­partei zu ver­lieren.
Das ist in der Tat so in der zitierten Textpas­sage nachzule­sen. Dass diese Pas­sage auch von NPD-Info.net falsch gele­sen wurde, und vielle­icht vom taz-Autor nur über­nom­men wurde, lin­dert den Schaden wenig.
Kom­men wir also zum Aus­gangspunkt zurück: Der Ver­such der taz, ihre Autoren “kri­tisch” auf das ver­meintlich unge­fährliche Piraten­partei-The­ma anzuset­zen, scheint offen­sichtlich aus dem Rud­er zu ger­at­en. Denn immer wieder behan­deln die Autoren eher ihre eige­nen Posi­tio­nen und Vorurteile als Faz­it ihrer Texte, als dass sie Sach­la­gen möglichst objek­tiv analysieren. Ich weiss nicht, ob sich die Autoren damit in der ide­ol­o­gis­chen Schmud­del-Ecke befind­en, von der Bascha Mika sprach, aber sauber ist das nicht.

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2 Kommentare

  1. Hal­lo,
    es geht nicht um den Inhalt des Inter­views.
    Das ist auch in meinem, aber auch in anderen Artikeln zu lesen. Schade, dass Sie und viele andere das lei­der nicht ver­ste­hen.
    Schö­nen Abend
    Julia

  2. Schade auch, dass erneut diese Rhetorik für Anfänger bemüht wird, indem ohne Begrün­dung man­gel­haftes Ver­ständ­nis unter­stellt wird und dieses in einen Topf mit anderen geschmis­sen wird. So ein Getue ist sehr leicht durch­schaubar.
    Dass es nicht um den Inhalt des Inter­views geht, son­dern, dass das Inter­view für die Unter­stel­lung, der Piraten­partei sei es aber­mals unter­laufen, unsen­si­bel gegenüber recht­slasti­gen Argu­men­ta­tio­nen zu sein, instru­men­tal­isiert wurde, ist ja ger­ade mein Vor­wurf.

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