Mit dem Zweiten sieht man anders

Irgend­wie gehen mir die Mod­er­a­toren des heute-jour­nals schon länger auf den Zeiger. Dort muss ja nach Ende der Sendung, wenn noch die Reak­tio­nen der Mod­er­a­tio­nen im Nachspann einge­fan­gen wer­den, immer gezeigt wer­den, wie lock­er und witzig diese Leute pri­vat so sind. Da wird gelächelt, gescherzt und wird sofort kom­mu­niziert. Eine Unsitte, die die ARD unlängst kopiert hat. Es fehlt nur noch, dass die ARD dem ZDF gle­ich, ihre Haupt­nachricht­en­mod­er­a­toren irgend­wohin in den Urlaub schickt, um von dort nette Videos mit zu brin­gen. Sowas ist ja schnell einge­filmt, und man braucht ja auch nicht unbe­d­ingt Jour­nal­is­ten dafür, die sich wirk­lich einge­hend mit der Kul­tur vor Ort befasst haben.
Ich habe aber ger­ade gar keine Zeit, darüber zu grü­beln, was mit das ZDF da eigentlich über­haupt mit­teilen will, denn das ZDF hat noch so etwas Undeut­lich­es in pet­to: Die ZDF-Infor­ma­tio­nen. Let­zte Woche ver­bre­it­eten BLÖD-Zeitung und die Stuttgarter Nachricht­en via Inter­net, dass Felix Mag­a­th, derzeit Train­er beim VfL Wolfs­burg, in der kom­menden Sai­son Train­er von Schalke 04 wer­den würde. Das ZDF nahm dies ins heute-jour­nal mit auf und sprach als Nachricht­en­quelle von “nach ZDF-Infor­ma­tio­nen”.
zdfinformation
Wie gesagt, das war nur ein Gerücht aus dem Inter­net. Kann sein, kann nicht sein. Es klingt natür­lich schon irgend­wie blöde, wenn die Jour­nal­is­mus-Profis im ZDF die Mod­er­a­tio­nen sagen lassen wür­den “Gerücht­en aus dem Inter­net zu Folge”. Aber die “ZDF-Infor­ma­tio­nen” waren ja nichts anderes. Doch sicher­lich kann man das Sen­sa­tionelle dieses Gerüchts viel bess­er anpreisen, wenn man Gerüchte mit “ZDF-Infor­ma­tio­nen” ver­sucht zu adeln.
Nun kann man natür­lich darauf hin­weisen, dass der Inhalt dieses Gerüchts vielle­icht nahe an der Wirk­lichkeit liegt. Vielle­icht hat der Mag­a­th unter­schrieben, vielle­icht will Wolfs­burg nicht mehr an ihn zahlen, als er gerne hätte. Und sicher­lich wird man beim ZDF sagen, sofern sich das Gerücht bestätigt: “Haben wir’s euch nicht schon ganz früh gesagt?”
Das Wesentliche an dieser Stelle ist: Langsam, aber sich­er ver­lieren öffentlich-rechtliche Nachricht­ensendun­gen ihren Hauch von Seriosität, wenn sie immer stärk­er als wahrschein­lich wahr ange­se­hene Gerüchte zu Nachricht­en erk­lären und eben­so kol­portieren müssen, wie mod­ern ihre Mod­er­a­toren als Per­sön­lichkeit­en sind. Wenn sie dem Zuschauer zumuten, er könne selb­st sin­nvoll ein­schätzen, ob sich hin­ter dem Wort “ZDF-Infor­ma­tion” ein halt­los­es Gerücht oder eine pro­fes­sionell recher­chierte Nachricht­squelle ver­birgt.
Am Tag nach der Ver­bre­itung dieses Gerücht­es haben wed­er der VfL Wolfs­burg oder der FC Schalke 04, noch Felix Mag­a­th dieses Gerücht bestätigt. Diese Infor­ma­tion hat das ZDF nicht gesendet.

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Der Verbotsreflex konservativer Politiker

Immer wenn in Deutsch­land etwas ein­schnei­dend Gewalt­tätiges passiert, ste­ht ein Poli­tik­er auf und will irgen­det­was ver­bi­eten. Das ist das Mantra des kon­ser­v­a­tiv­en Poli­tik­ers, von dem er nicht abge­hen will. Weisst man ihn wie bei der Kinder­porn­ode­bat­te darauf hin, dass der­ar­tige Ver­bote nachgewiesen­er­weise untauglich sind, dann sagt er, man werde auch noch anderes unternehmen. Aber Ver­bote müssen sein. Ver­bote sind Selb­stzweck. Das ist eine sehr ein­fach get­rick­te, aber ger­adezu fun­da­men­tal­is­tisch ver­ankerte Sichtweise. Da geht der Kon­ser­v­a­tive nicht von ab. Und er glaubt auch jedem anderen Kon­ser­v­a­tiv­en, der Ver­bote fordert, unange­se­hen der Stich­haltigkeit der Argu­mente, die für ein Ver­bot sprechen sollen.
In der Kinder­porno-Debat­te meinte Frau von der Leyen, dass in Nor­we­gen täglich 18000 Besuche auf Kinder­porno­seit­en ver­hin­dert wer­den wür­den. Das MdB Kristi­na Köh­ler (CDU) glaubt das blind­links. Ohne auf die Idee zu kom­men, das in Frage zu stellen. Man müsste “Zugriffsver­such” mal erk­lären. Sind das Einzelper­so­n­en? Dann wären alle Nor­weger in den let­zten 2 Jahren auf ein­er Kinder­porno­seite gewe­sen. Oder auch Pro­gramme? In Unken­nt­nis der Zahl der­er, die erfol­gre­ich eine Kinder­porno­seite aufrufen, ist diese Zahl, von der nicht mal bekan­nt ist, auf welchen Zeitraum sie bezo­gen wird, untauglich. Krim­i­nal­beamte, die das der­ar­tige Sper­ren ken­nen, weisen darauf hin, dass dieses Sper­ren gegen vorsät­zliche Miss­brauch­er untauglich ist. Ver­hin­dert wer­den nur Zufall­sklicks. Glauben Sie, dass ein Zufall­sklick­er sofort sein Port­mon­naie zückt? Gemessen an den Men­schen, die Sie ken­nen? Wieviele, denken Sie, schließen eine der­ar­tige Seite sofort wieder?
Jet­zt möchte die CDU weit­er­ma­chen mit dem Ver­bi­eten. Im Nach­hall der Geschehnisse von Win­nen­den meint man, Spiele wie Paint­ball und Laser­drom ver­bi­eten zu müssen. Hier werde, so CDU-Poli­tik­er Bos­bach, das Töten simuliert. So ein kon­ser­v­a­tiv­er Poli­tik­er muss nur ein­fach ein Spiel zu ein­er Tötungsaus­bil­dung umdeklar­i­eren und schon meint er, er könne Ver­bote fordern. An dieser Stelle geht es um Begriffs­be­set­zun­gen, nicht um argu­men­ta­tiv gestütztes Überzeu­gen.
bosbach
Bei Laser­drom ren­nen Sie über ein Spielfeld und schießen mit Lasergewehren Lich­strahlen auf Mit­spiel­er. Sie müssen eine bes­timmte Stelle tre­f­fen, dann ist der Spiel­er getrof­fen und schei­det für eine bes­timmte Zeit aus. Der Geg­n­er kann wegren­nen, sich duck­en und zurückschießen. Bei Völker­ball ren­nen Sie über ein Spielfeld und schmeis­sen Bälle auf Mit­spiel­er. Sie kön­nen jede beliebige Stelle des Kör­pers tre­f­fen. Ist der Spiel­er getrof­fen, schei­det er aus, bis er selb­st jeman­den aus dem “Aus” her­aus trifft. Spiel­er kön­nen wegren­nen, sich duck­en und zurück­w­er­fen.
Wür­den Sie Völker­ball als Tötungssim­u­la­tion anse­hen? Und Laser­drom ist nun eine Tötungssim­u­la­tion, weil statt eines Balles Licht­strahlen ver­wen­det wer­den? Die Spielele­mente sind iden­tisch, das neuere Spiel ist eben nur elek­trotech­nisch aufge­plus­tert. Mit der­sel­ben Logik, nach der Laser­drom eine Tötungssim­u­la­tion ist und Völker­ball ein Kinder­spiel, kön­nte man Fahrräder für gut und Autos für böse hal­ten.
Glauben Sie, Jugendliche spie­len diese Spiele mit ein­er unter­schiedlichen Geis­te­shal­tung? Glauben Sie, ihre Charak­tere änderten sich zum Neg­a­tiv­en? Beim gemein­samen Spiel mit anderen? Das alles glaube ich nicht. Aus einem ein­fachen Grunde: Es sind Spiele und Men­schen wis­sen, was Spiele sind. Dieser Satz klingt sim­pel, aber Sie müssen wirk­lich mit diesem Satz brechen, um sich der kon­ser­v­a­tiv­en Lin­ie Bos­bachs anzuschliessen. Ich dage­gen glaube fol­gen­des: Ich glaube, dass es viele Erwach­sene gibt, die in Kinder- und Jugend­spiele Dinge hinein­deuten, die für die betrof­fe­nen Kinder und Jugendliche nicht Bestandteile dieser Spiele sind.
Sofern Poli­tik­er, wie sie es ger­ade tun, Gegenein­wände gegen Ver­botsvorschläge damit abtun, dass Ver­bots­geg­n­er Greueltat­en Vorschub leis­teten, ste­ht eine demokratis­che Diskus­sion­skul­tur auf dem Spiel. Wird in der poli­tis­chen Diskus­sion wirk­lich noch ver­sucht, Sachar­gu­mente auszud­isku­tieren?

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