Die Größe des Harald Schmidt

Gestern lief die let­zte Sendung von “Schmidt und Pocher” über den Sender. Und in der deutschen Medi­en­land­schaft war klar, dass es danach gediegene bis neg­a­tive Abgesänge auf die Sendung geben werde. Um so einen Text zu machen, ist es zudem von Nöten, das Wesentliche des Abends rauszukriegen, was viele im Weg­gang Pochers zu Sat1 oder dessen Kri­tik an Volk­er Her­res sah. Sehr bemüht, das alles.
Viel inter­es­san­ter ist es dage­gen, ein­mal ein wenig über den Spielab­bruch Har­ald Schmidts zu reflek­tieren. Mit ein paar Zuschauern sollte irgen­dein Spiel gemacht wer­den, wobei alle Beteiligten Hütchen mit Nation­al­itäten auf­set­zen soll­ten, die sie darstellen. Ein­er der Zuschauer war wohl mit damit, dass er das Hütchen mit Ital­ien abbekam, alles andere als zufrieden. Er kom­men­tierte dies mit “Scheiss-Ital­iener” und wieder­holte diese Äußerun­gen unmit­tel­bar: “Scheiss-Ital­iener”. Schmidt brach das Spiel sogle­ich ab, ging mit Pocher zurück zu ihren Schreibtis­chen und liess die Kan­di­dat­en aus dem Pub­likum im Off der Bühne ste­hen.
schmidtpocher
Wie @aliceantonia das Vorkomm­nis genau ver­standen hat, weiss ich nicht. Vielle­icht mochte sie nur die ver­störende Wirkung, die dieses Vorkom­nis in der Sendung hat­te. Vielle­icht fand sie Schmidts Hal­tung richtig.
In jedem Fall stimmt ich ihr im Resul­tat dur­chaus zu: Der Abbruch, d.h. die Entschei­dung, das Spiel abzubrechen, war großar­tig. Und es zeigt ein­mal mehr die Klasse Har­ald Schmidts und was Oliv­er Pocher hierzu fehlt. Let­zter­er fragte, nach­dem sie sich auf ihre Büroses­sel niederge­lassen hat­ten nach dem Grund des Abbruchs, “man hätte doch drüber reden kön­nen.”
Hätte man? “Scheiss-Ital­iener” ist ein Inbe­griff für Frem­den­feindlichkeit. Das mag der Pub­likums­gast gar nicht so gemeint haben. Der war vielle­icht nur so ent­täuscht, dass es nicht kriegt, was es unbe­d­ingt will. Ein der­ar­tiger Inbe­griff bleibt es.
Har­ald Schmidt besitzt nun die geistige Fähigkeit, diese (im gün­stig­sten Falle) spon­tane Ent­gleisung sofort richtig einzuschätzen. Und das ist schon eine Kun­st. Das Erörtern der Hal­tung des Stu­dio­gastes bringt der Sendung nichts, gehört nicht in diese und als flap­sig kann der Mod­er­a­tor diese Bemerkung, die auf sein­er Bühne stat­tfind­et, nicht durchge­hen lassen. Schmidt bricht also ab und mod­eriert unaufgeregt und nicht weit­er auf die Störung einge­hend weit­er.
Schmidt weiß wohl, um auf bish­erige “Eklats” dieser Sendung zu kom­men, dass er als Mod­er­a­tor mit­tel­prächtige Nazi-Par­o­di­en und obszöne Geschenke à la “Fotzensekrete” tolerieren kann, aber Frem­den­feindlichkeit nicht. Das schafft eine Verbindung zu ein­er Schmidteinan­der-Folge, in der sich eine Anruferin über Türken-Witze in der Sendung beschw­ert. Schmidt vertei­digte diese damit, dass in der Sendung Deutsche wie Türken ver­al­bert wer­den. Ver­al­bern ist also okay, Frem­den­feindlichkeit nicht. Insofern war der Abbruch völ­lig fol­gerichtig.
Und ja, ich glaube, das war großar­tig.
Nach­trag: In den Kom­mentaren wurde ganz richtig ange­merkt, dass das Zitat so falsch ist.

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4 Kommentare

  1. Der Typ sagt erst: “Ital­ien ist scheiße” und später: “dann nehme ich scheiß Ital­ien.”
    Spielt vielle­icht keine große Rolle, eine Abnei­gung gegen ein Land so zum Aus­druck brin­gen spricht nicht ger­ade über geistige Über­legen­heit, den­noch ist es was anderes als die Ital­iener als scheiße zu beze­ich­nen und sollte deshalb richtig zitiert wer­den.
    Das G20-Spiel zu sehen bei Youtube: http://www.youtube.com/watch?v=WrBMuFIHx2o

  2. Vol­lkom­men richtig, Finn, vie­len Dank. Ich habe aus dem Gedächt­nis her­aus zitiert und dabei falsch gele­gen. Es ist sicher­lich auch nicht das­selbe. Ich habe schon dargelegt, dass die Äußerung nicht unbe­d­ingt aus­drück­lich frem­den­feindlich gemeint sein muss. Insofern habe ich diesel­ben Bedenken gegen den Inhalt des falsch und des richtig Zitierten.
    Danke auch für den Link. Ich halte nicht viel davon, Artikel, auf deren Inhalt sich andere beziehen, inhaltlich zu verän­dern, daher belasse ich den Arikel so mit seinem Fehler und ver­weise auf die Kom­mentare.

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