Während in Deutschland Politiker eher behäbig mit Twitter umgehen und schon für das Einrichten eines Twitter-Accounts hochgelobt werden, behandelt man das Thema in den Niederlanden intensiver.
Eine Studentin aus Rotterdam analysierte die Twitterei des niederländischen Außenministers Maxime Verhagen. Dies ist die Übersetzung eines Artikels hierzu von frank-ly.nl:
“In letzter Zeit haben diverse Blogs, aber auch Mainstreammediendem Twitter-Zugang von Maxime Verhagen große Beachtung geschenkt. Es ist eigentlich über diesen Politiker schon alles geschrieben worden, aber soweit ich weiß nicht aus einer wissenschaftlichen Annäherung heraus. Daphne Jacobsen ist Studentin an der Universität von Rotterdam, wo sie den Master Medien & Journalistik belegt. Sie hat eine Untersuchung über Maxime Verhagen gemacht für den Workshop “Bürger, Journalisten und Politiker im Web 2.0”. Schon ihre Mitstudenten haben sich für Politiker auf Hyves (niederländische Version von Facebook) entschieden, sie jedoch für Twitter. […]
Die zentrale Frage der Untersuchung lautet: “Welche Rolle spielt Twitter im Kontakt von Maxime Verhagen und seinem Umfeld?”. Es ist eine qualitative Untersuchung, die aus drei Teilen besteht, einem Vorgehens‑, einem Inhalts- und einem Rezeptionsteil. Im folgenden alle drei Teile aus der Vogelperspektive:
Der Vorgehensteil beinhaltet die Teilfrage “Auf welche Weise verwendet Maxime Verhagen Twitter, und wie macht sich das bemerkbar?” Um dies zu untersuchen hat Jacobsen sechs Interviewfragen gestelt. Leider hatten weder der Außenminister, noch sein Pressesprecher Zeit, diese zu beantworten. Der Pressesprecher ließ wissen, dass es genug Interviews geben, aus denen sie diese Informationen herholen könne. @maximeverhagen gibt in diesen Interviews an, dass das Informieren der Bürger über die Ausrichtung der Außenpolitik und wie diese in der Praxis erkennbar wird die Hauptgründe für ihn seien, um zu twittern.
Der Inhaltsteil stellt die Fragen “Wie sehen die tweets von Verhagen und seiner Follower inhaltlich aus und worüber tauschen sie sich aus?” Zur Beantwortung dieser Fragen wurden 300 Tweets in Form einer Inhaltsanalyse begutachtet worden. Die Tweets umfassen einen Zeitraum vom 08.12.2008 bis 10.01.2009. Der Außenminister gibt ungefähr 10 Tweets am Tag ab, wovon zwei Drittel Antworten auf andere Tweets sind. Es gibt ungefähr 50 Menschen, die in einem festen Austausch mit dem Minister stehen. Sie fragen meist nach Dingen, die sein Amt als Außenminister betreffen.
Zum Schluß kommt der Rezeptionsteil “Wie bewerten Bürger Twitter und welche Rolle spielt Twitter für sie?”. Zur Beantwortung dieser Frage hat Jacobsen 29 Follower von Verhagen ein paar Fragen gestellt. […] Der Großteil der Befragten arbeitet in der Kommunikations-Medienbranche und alle Befragten geben an, Twitter der Unterhaltung wegen und für soziale Kontakte zu verwenden. Die Hälfte aller Befragten gibt an, Twitter zu verwenden, um auf ihrem Fachgebiet auf der Höhe zu bleiben. Ein kleiner Anteil meinte, man habe erhofft, dass Verhagen etwas aus seinem Privatleben erzählen würde. Sie wüssten nun immerhin einiges mehr über seine Amtsführung.
Schlußfolgerung
In dieser Analyse steht die Frage zentral, welche Rolle Twitter im Kontakt mit Maxime Verhagen und seinem Umfeld spielt. An Hand der Untersuchungsresultate kann sehr wohl etwas über die Interaktivität von Verhagen und anderer Twitterer gesagt werden. Aus diversen Untersuchungen kommt heraus, dass Politiker Internetanwendungen verwenden, um Menschen, die sich für Politik interessieren, weiter anspornen, sich mit ihren (denen der Politiker) politischen Ideen zu beschäftigen.
Bei Maxime Verhagen ist das offenkundig anders. Es geht oftmals um private Dinge und nicht all seine Follower haben Interesse an Politik. Daher ist diese Interaktion etwas außergewöhnlich. Hier muss allerdings eine gewisse Trennschärfe hereingebracht werden, da die betroffenen Twitterer nicht repräsentativ sind für die niederländische Bevölkerung. Es sind im allgemeinen sehr gut ausgebildete Menschen aus der Kommunikations- und Medienbranche oder Menschen mit einer starken Technikaffinität bei Twitter unterwegs.”
Noch keine ganz großen Forschungsergebnisse, aber eine durchaus interessante Annährung an das Phänomen Twitter, wie ich finde.