Straßenfeger

Biele­feld wird gerne als Inbe­griff von Prov­inz ver­wen­det. Selb­st in Orten, die noch prov­inzieller daherkom­men als Biele­feld. Das ist ein­er­seits der Inhalt der Biele­feld-Ver­schwörung, der andere ist der Nerv-Fak­tor, den dieser ‘Witz’ Biele­feldern bere­it­et, wenn darauf Anspie­lende meinen, sie erzählten einen guten, ger­adezu neuen Witz.
Bei der Luh­mann-Preisver­lei­hung an Dworkin durch Haber­mas ver­wen­dete der Ober­bürg­er­meis­ter Biele­felds in Anwe­sen­heit dieser Per­so­n­en der Zeit­geschichte eine geschla­gene Vier­tel­stunde auf den Nach­weis, Biele­feld sei eben keine Prov­inz. Es gibt wohl keinen besseren Beweis dafür, dass Biele­feld Prov­inz ist, als dass man für die Aus­bre­itung der Gegen­these länger als eine Vier­tel­stunde braucht.
Das Prov­inzielle wird aber kaum ein Biele­felder bestre­it­en. Dabei ist die Möglichkeit der Mobil­ität, denke ich, wesentlich bedeut­samer für die Darstel­lung des eige­nen qual­i­ta­tiv­en Lebensstils als der momen­tane Aufen­thalt­sort.
Aber es gibt Kleinigkeit­en, da spielt sich das Prov­inzielle eben aus. Jed­er Biele­felder, zum Beispiel, ken­nt die “Begleit­musik” der Stadt­bahn. Steigt man an der End­hal­testelle aus, knarzt eine Frauen­stimme behar­rlich “Mobil sagt tschüss, bis zum näch­sten Mal.”. Und ich glaube, genau­so behar­rlich, lässt sich der gemeine Stadt­bah­n­fahrer nicht ern­sthaft von ein­er Ton­band­stimme grüßen.
Zum anderen wird an der Hal­testelle “Haupt­bahn­hof” eine Klin­gel­ton­ver­sion Beethovens Für Elise zur Vertrei­bung der ort­san­säs­si­gen Pen­ner ver­wen­det. Der Erfolg dieser Aktion ist, dass man die Pen­ner sage und schreibe 5 Meter links und rechts in die Flucht geschla­gen hat. Wenn über­haupt. Wäre ich Ini­tia­tor ihrer, würde ich sagen, die Aktion ist sub­op­ti­mal gelaufen, das Ziel eigentlich ver­fehlt. Müsste das der Ver­ant­wortliche nicht auch denken? Nur dann nicht, wenn es gar kein Ziel gegeben hat oder das Ziel oder die Aktion vergessen wurde. Sowas ist in der Prov­inz aber eben okay. Ein Auf­muck­en wird es da so wenig geben wie Danksa­gun­gen irgendwelch­er Bürg­er: “Liebe Stadt Biele­feld, vie­len Dank für diesen Beethoven-Klin­gel­ton, der die Pen­ner nervt. Er nervt uns zwar noch mehr, da er uns das elendi­ge Rum­ste­hen an der düsteren Hal­testelle frühzeit­ig ankündigt. Aber diese akustis­che Beläs­ti­gung ist eigentlich nichts gegen die vor­mals visuelle.”
Anhand der­ar­tiger Aktio­nen man­i­festiert sich Prov­inzial­ität, gese­hen als Rück­ständigkeit, wesentlich inten­siv­er als an geo­graphis­ch­er Lage.
Dass man die Straßen Biele­felds auch anders leerge­fegt bekommt, durfte little_james beim EM-Spiel Por­tu­gal gegen Deutsch­land fest­stellen:

You may also like

Ein Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert